Foto-Recht

Fotografieren verboten?

Eine Reihe neuer Gerichtsurteile präzisieren heute Rechte und Pflichten von Fotografen. Rechtsanwalt Dr. Endress Wanckel erläutert, worauf Sie beim Fotografieren und Veröffentlichen von Sachfotos unbedingt achten müssen

Grundsätzlich gibt es in Deutschland kein "Recht am Bild der eigenen Sache". Der Eigentümer muss im Prinzip nicht gefragt werden, bevor ein Foto seiner Sache veröffentlicht wird, denn das "Recht am eigenen Bild" gilt nur für Abbildungen von Menschen. So ging beispielsweise eine Bäuerin leer aus, die vor dem Amtsgericht Köln wegen der Abbildung ihrer Kuh im Internet Schadensersatz in Höhe von 2000 € verlangte. Ebenso erging es vor einigen Jahren dem Eigentümer einer Yacht, der erfolglos vor dem Landgericht Hamburg klagte.


Kunstwerke im Foto

Trotzdem gibt es viele Fallen. Besonders problematisch sind Fotos von Kunstwerken, wie Gemälden und Skulpturen. Hintergrund ist das deutsche Urhebergesetz (UrhG). Danach sind "Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und Entwürfe solcher Werke" geschützt. Die fotografische Abbildung eines Kunstwerks ist urheberrechtlich eine Vervielfältigung, die nur mit Erlaubnis des Urhebers (Künstlers) erfolgen darf. Dieser kann für seine Zustimmung ein Honorar verlangen, auch durch eine von ihm beauftragte Verwertungsgesellschaft (VG), wie z. B. die VG Bild-Kunst.

Das Gesetz regelt jedoch einige Ausnahmen. Die Erste ergibt sich aus der Schutzdauer des Urheberrechts. In der Regel werden Kunstwerke 70 Jahre nach dem Tode gemeinfrei, der Urheberschutz erlischt mit Ablauf dieser Frist (§ 64 UrhG).

Eine weitere Ausnahme bildet die Abbildung von Kunstwerken für rein private Zwecke (§ 53 UrhG). Gedacht ist diese Vorschrift in erster Linie für private Urlaubs- und Erinnerungsfotos, weshalb solche Kunstaufnahmen weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen dürfen. Wer also beispielweise besonders gelungene Fotos von Kunstwerken, die auf einer Urlaubsreise oder während eines Ausflugs gemacht wurden, später ins Internet stellt, um damit um Aufträge als Fotograf zu werben, kann sich nicht auf den erlaubnisfreien Privatgebrauch nach § 53 UrhG berufen. Erlaubt ist es hingegen natürlich, die Fotos im Freundes- und Familienkreis zu zeigen. Geschieht dies über das Internet, ist darauf zu achten, dass dort nur Familienmitglieder und der engere Freundeskreis Zugriff auf die Bilder haben. Wer seine Kunstfotos für die gesamte Öffentlichkeit im Internet zugänglich macht oder auch nur einer großen Anzahl von Kontakten in social networks (wie etwa 500 Facebook-"Freunden"), zu denen keine engere persönliche Bindung besteht, dürfte den Bereich der erlaubten Privatnutzung verlassen haben. Die genauen Grenzen sind hier bisher weder vom Gesetz noch von den Gerichten definiert worden.


Der Blick vom Gehsteig

Für Kunstwerke, die bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen stehen, gilt die sogenannte "Panoramafreiheit" des § 59 UrhG. Solche Kunstwerke dürfen fotografiert und derartige Aufnahmen auch ohne Einwilligung und Honorar veröffentlicht werden. Die Rechtsprechung stellt dabei aber strenge Grenzen auf: so fallen temporäre Installationen (wie der von Christo verhüllte Reichstag in Berlin) nicht unter die Panoramafreiheit. Auch darf nur aus der üblichen "Jedermann-Perspektive" von der Straße aus fotografiert werden. Unzulässig sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) hingehen Ansichten, die nicht jedermann zugänglich sind, wie z. B. vom Balkon eines gegenüber liegenden Hauses aus. Bei Fotos, auf welchen das Kunstwerk nicht der alleinige oder zentrale Inhalt des Bildes ist, kommt die Ausnahme des § 57 UrhG in Betracht. Diese Vorschrift setzt voraus, dass es sich bei der Abbildung des Kunstwerkes nur um "unwesentliches Beiwerk" neben dem eigentlichen Motiv handelt. Das Kunstwerk darf nur am Rande oder im Hintergrund des Fotos abgebildet sein und dabei keinen prägenden Charakter für die Bildaussage haben. Wie eng die Gerichte diese Vorschrift auslegen, zeigt ein vor dem Oberlandesgericht München entschiedener Fall: Die Abbildung eines Gemäldes im Hintergrund einer Wohnlandschaft in einem Möbelkatalog wurde nicht als "unwesentliches Beiwerk" angesehen, da das Gemälde nach Auffassung der Richter mit den Möbeln harmonierte. Großzügiger war das Gericht in einem späteren Fall, wo es um die Abbildung eines künstlerisch gestalteten T-Shirts am Körper eines Mannes ging, der auf der Titelseite einer Zeitschrift zu sehen war. Das Shirt habe keinen Bezug zu der Titelgeschichte, die sich mit dem Thema Beruf & Karriere beschäftigte. Der Mann stehe im Mittelpunkt des Bildes, das Kunstmotiv auf seinem Shirt sei dabei nur "unwesentliches Beiwerk". Es kommt also immer auf die Details im Einzelfall an.


Eventfotos: Bilder von Ausstellungen

Voller Tücken ist auch die Abbildung von Kunstwerken im Rahmen der Berichterstattung über Ausstellungseröffnungen oder andere Kunstveranstaltungen, jedenfalls seit einer umstrittenen Entscheidung des BGH, die jetzt vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt wurde.

Das UrhG erlaubt in § 50 die Wiedergabe von Kunstwerken zur Berichterstattung über "Tagesereignisse" in den Medien, begrenzt solche Wiedergaben aber auf einen "durch den Zweck gebotenen Umfang".

Angesichts dieser auslegungsbedürftigen Formulierungen im Gesetz besteht oft Streit darüber, wann - und vor allem wie lange - es sich bei einem Kunstevent um ein Tagesereignis handelt und wie viele Werke in welcher Größe beispielhaft gezeigt werden dürfen. Der BGH grenzt den Begriff des Tagesereignisses zeitlich ein, indem er ihn als "aktuelles Geschehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist" definiert, "wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird". Eine konkrete Zeitgrenze hat der BGH dabei nicht genannt, im weiteren Verlauf der Urteilsbegründung wird aber deutlich, dass er einen Zeitraum von vier Wochen vor einer Ausstellung bis maximal vier Wochen nach deren Beendigung als angemessen ansieht. Dies wird man zukünftig als Maßstab heranziehen können. Probleme bereitet diese neue Zeitgrenze vor allem den Online-Archiven der Zeitungen und Zeitschriften. Diese müssen nun Artikel über Kunstveranstaltungen, die mit Fotos der Kunstwerke bebildert sind, entweder vor der Übernahme ins Onlinearchiv überarbeiten (also die Kunstfotos entfernen), oder aber die Rechte bei den betroffenen Künstlern einholen. Da das Urteil auch auf bestehende Archive Anwendung findet, stehen deren Betreiber vor der mühevollen Aufgabe, alle archivierten Berichte über Kunstthemen zu überprüfen. Ein Aufwand, den der BGH noch in anderen Fällen für unangemessen gehalten hat. Bisher vertrat er in seiner Rechtsprechung zu Online-Archiven von Medien den Grundsatz, dass alle Beiträge, die zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung legal waren, auch auf Dauer unverändert in Online-Archiven aufrufbar bleiben dürfen, solange der Zeitpunkt der Erstveröffentlichung erkennbar ist. Trotz dieses Widerspruchs in der Rechtsprechung ist das Urteil des BGH verbindlich, nachdem eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erfolglos war.


Das Foto als "Zitat"

In engen Grenzen kann die Abbildung von Kunstwerken aufgrund des Zitatrechts nach § 51 UrhG erlaubt sein. Voraussetzung der Abbildung eines Kunstwerkes im Wege des "Zitats" ist, dass der Beitrag sich ernsthaft und ausführlich mit dem abgebildeten Kunstwerk auseinandersetzt und das Foto des Kunstwerks dabei notwendig ist, um die eigenen Ausführungen zu belegen oder zu veranschaulichen. Das "zitierte" Kunstwerk muss also eine Nebensache zum besseren Verständnis des Textes sein. Dabei muss sich die Wiedergabe auf das unbedingt Notwendige beschränken. So durfte z. B. eine Zeitschrift, die sich kritisch mit dem künstlerischen Werkschaffen des Fotografen Helmut Newton auseinandersetzte, nicht gleich 19 Fotos, teils ganzseitig, ohne ausdrückliche Erlaubnis Newtons abdrucken.

Da sich der Artikel noch nicht einmal mit allen veröffentlichten Fotos beschäftige, hätte sich der Beitrag auf die Wiedergabe weniger Bilder in einem kleineren Format beschränken müssen, urteilte das Landgericht München. Ähnlich hatte bereits zuvor das Oberlandesgericht Hamburg einen Fall beurteilt, in dem sieben Bilder aus einem Fotokunstband im Zuge einer Rezension des Bildbands veröffentlicht wurden. Diese Einschränkungen des Zitatrechts sind auch zu beachten, wenn nicht künstlerische Fotowerke, sondern schlichte Alltagsfotografie "zitiert" werden soll. Denn auch Fotos, die nicht künstlerisch gestaltet sind, genießen als sogenannte einfache Lichtbilder den Schutz des Urheberrechts (§ 72 UrhG).

Was das bedeuten kann, zeigt dieser außergewöhnliche Fall, der vom Kammergericht Berlin entschieden wurde: Eine Zeitschrift veröffentlichte einen Artikel über einen Popstar und dessen "4 Kinder von 4 Frauen". Dazu posierte dieser vor der Kamera, während er ein Foto in der Hand hielt, das eines seiner Kinder mit dessen Mutter zeigte. Das "Bild im Bild" war im Artikel zwar klein, aber dennoch vollständig zu erkennen, weshalb der Fotograf des in der Hand gehaltenen Fotos auf Verletzung seines Urheberrechts klagte. Mit Erfolg. Das Foto illustriere den Beitrag lediglich, dieser setze sich zwar mit den Abgebildeten auseinander, aber eben nicht konkret mit dem "Bild im Bild". Es fehle daher am erforderlichen Zitatzweck, nämlich der geistigen Auseinandersetzung mit dem Foto.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei der Veröffentlichung von Fotos, die fremde Werke zeigen, große Sorgfalt geboten ist. Grundsätzlich ist dies aus Gründen des Urheberrechts an den abgebildeten Werken unzulässig. Die Voraussetzungen der dargestellten Ausnahmen werden von den Gerichten in der Regel eng ausgelegt. Auf der sicheren Seite ist man nur nach vorheriger fachkundiger juristischer Prüfung oder Einholung einer ausdrücklichen Zustimmung des Künstlers, die aus Gründen der Beweisbarkeit schriftlich dokumentiert werden sollte.

Auch wenn das Urheberrecht in solchen Fällen Fotografen das Leben schwer macht, schützt es umgekehrt die Fotografen auch umfassend gegen ungenehmigte Nutzungen ihrer eigenen Fotos.

Interessant ist beispielsweise ein vom OLG Düsseldorf entschiedener Fall: Ein Modegeschäft dekorierte sein Schaufenster mit vergrößerten Fotos aus einem Bildband - ohne die Fotografin zu fragen oder zu bezahlen. Der Ladeninhaber versuchte vor Gericht, sein Vorgehen damit zu rechtfertigen, dass er den Bildband in seinem Laden verkauft habe und die Schaufensterdekoration nur das Buch beworben habe. Dies ließ das Gericht nicht gelten. Er hätte sich darauf beschränken müssen, das Buch ins Schaufenster zu legen, für eine Nutzung der Bilder als vergrößerte Deko-Poster hätte die Fotografin ihre ausdrückliche Zustimmung geben müssen.


Falsches Terrain

Ein weiteres Problemfeld bei der Sachfotografie ist das Hausrecht. Auf Privatgrundstücken und in Gebäuden darf aufgrund seines Hausrechts der Eigentümer nach freiem Ermessen bestimmen, ob dort fotografiert werden darf. Der Eigentümer kann das Hausrecht auch durch die Mieter oder Pächter des Objekts ausüben lassen. Wenn der Berechtigte Fotos erlaubt, darf er auch die Konditionen der Erlaubnis festlegen, für diese also beispielsweise eine Gebühr verlangen oder auf bestimmte Motive und Zwecke beschränken. Ein Foto, das bereits unter Verstoß gegen das Hausrecht - also rechtswidrig - entstanden ist, darf grundsätzlich nicht veröffentlicht werden. Es sei denn, es bestehen ausnahmsweise gravierende, berechtigte Informationsinteressen der Öffentlichkeit bei der Medienberichterstattung, im Zuge derer das Foto als bildlicher Beweis veröffentlicht wird.

Umstritten war lange Zeit, ob diese Grundsätze auch für geschichtlich oder kulturell bedeutende Grundstücke und Gebäude gelten können, an deren Abbildung generell ein öffentliches Interesse besteht. Diese Frage hat in den letzten Jahren dadurch an Brisanz gewonnen, dass der Staat viele Kulturgüter auf Stiftungen oder privatrechtlich organisierte Gesellschaften übertragen hat, die versuchen, mittels entsprechender Benutzungsordnungen Einnahmen durch Gebühren und Honorare für Fotografier- und Drehgenehmigungen oder die exklusive Vermarktung eigener Aufnahmen zu erzielen. Einerseits ist dies angesichts der chronisch leeren öffentlichen Kassen ein nachvollziehbarer Versuch, die oft erheblichen Kosten der Instandhaltung historischer Gebäude und Anlagen zumindest teilweise abzudecken. Andererseits ist diese Praxis ein gravierender Einschnitt in die Fotografierfreiheit. Vor diesem Hintergrund standen auch die Prozesse, die die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg gegen eine Bildagentur und ein Fotoportal geführt hat und unter dem Schlagwort "Sanssouci" bekannt geworden sind. Die Stiftung verwaltet neben Sanssouci u. a. auch das Schloss Charlottenburg und rund 150 weitere historische Bauten sowie rund 800 Hektar Gartenanlagen, die überwiegend zum UNESCO-Welterbe zählen.

Sie wollte gerichtlich verbieten lassen, Fotos der von ihr verwalteten Kulturgüter zu vervielfältigen, zu Verbreiten oder öffentlich wiederzugeben, soweit diese nicht von öffentlich zugänglichen Plätzen außerhalb der Anlagen oder zu rein privaten Zwecken angefertigt wurden. Die Fotobranche atmete auf, als der Stiftung nach einem Anfangserfolg vor dem Landgericht in erster Instanz vor dem Oberlandesgericht Brandenburg mit diesem Begehren eine klare Abfuhr erteilt wurde. Doch das letzte Wort sprach auch hier der BGH, und zwar zu Ungunsten der Fotografen, indem er das Hausrecht stärkte: Er bestätigte den Grundsatz, dass das Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien von Bauwerken und Gartenanlagen dem Grundstückseigentümer zusteht, soweit die Bilder von seinem Grundstück aus angefertigt werden. Auch der Stiftung stehe daher das Recht zu, solche Aufnahmen zu verbieten oder dafür Geld zu verlangen. Dies gelte auch dann, wenn der Eigentümer sein Grundstück nicht vollständig einzäunt und den Zutritt grundsätzlich jedermann erlaube, wie die Stiftung es im entschiedenen Fall mit ihren Parks gehandhabt hat. Die Stiftung sei zwar verpflichtet, der Öffentlichkeit den Zugang zu ihren Kulturgütern zu gewähren, gleichzeitig aber auch berechtigt, zu bestimmen, ob und zu welchen Bedingungen dort fotografiert werden darf. Nach diesem Urteil gilt daher auch bei Kulturgütern der Grundsatz: Der Eigentümer kann nicht verbieten, dass von außen in sein Grundstück hinein fotografiert wird. Auf dem Grundstück muss er aber um Erlaubnis gefragt werden. Einziger Trost für Fotografen: Bei der Erteilung solcher Erlaubnisse gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz, wie der BGH ausdrücklich anmerkte. Allen Fotografen müssen daher Genehmigungen zu denselben Bedingungen und Kosten erteilt werden, ein willkürlicher Ausschluss bestimmter Fotografen ist unzulässig.


No Logo? Markenzeichen im Motiv

Leicht kann es passieren, dass auf einem Foto ein geschütztes Markenzeichen (z. B. ein Firmenlogo) zu sehen ist. Problematisch ist dies in erster Linie im Bereich der Werbefotografie. Außerhalb dieses Bereichs ist die Abbildung fremder Marken grundsätzlich zulässig, wie ein vom Kammergericht Berlin entschiedener Fall zeigt: Auf einem Aktfoto war ein Mann auf einem Bett zu sehen, vor ihm lag ein Handtuch, auf welchem Name und Logo eines Berliner Luxushotels zu erkennen waren. Obwohl diese Kennzeichen im Markenregister eingetragen waren, scheiterte das Hotel mit dem Versuch, die Veröffentlichung verbieten zu lassen.

Seine Marke werde durch das Bild nicht herabgesetzt, verunglimpft oder sonst wie verletzt, die Kunstfreiheit habe daher Vorrang vor dem Markenschutz.



Der Autor

Dr. Endress Wanckel ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Frömming&Partner. Er ist seit über 15 Jahren u. a. im Fotorecht tätig und Autor des in diesem Jahr in 4. Auflage im Verlag C.H. Beck erscheinenden Buches "Foto- und Bildrecht"

Quelle: fotoMagazin 05/2012