Veröffentlicht am: 03.08.2024 um 07:51 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Eröffnung der Welt-Aids-Konferenz

Bei der Eröffnung der Welt-Aids-Konferenz am 22. Juli 2024 in München hat Bundeskanzler Olaf Scholz folgende Rede gehalten...

» Sehr geehrte Frau Lewin,
sehr geehrte Frau Byanyima,
meine Damen und Herren!

In jeder Minute stirbt ein Mensch an Aids – ein Mensch in jeder Minute! Das müssen wir ändern. Unser gemeinsames Ziel ist es, die Aids-Epidemie bis 2030 zu beenden. Zwar machen wir Fortschritte, doch wir sind noch nicht am Ziel. Deshalb setzen wir unsere Arbeit fort – gemeinsam und weltweit.

Als einer der größten Geber trägt Deutschland im aktuellen Zyklus 1,3 Milliarden Euro zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria bei. Und wir werden den Fonds weiter unterstützen. Warum ist das so wichtig? Weil die Programme, die durch den Fonds finanziert werden, 59 Millionen Menschen das Leben gerettet haben – 59 Millionen! Diese Zahl spricht für sich.

Außerdem unterstützen wir das Gemeinsame Programm der Vereinten Nationen für HIV/Aids (UNAIDS) und die Weltgesundheitsorganisation und werden weiterhin ein verlässlicher Partner sein. Gemeinsam mit Frankreich und Norwegen unterstützt Deutschland die Investitionsrunde der Weltgesundheitsorganisation als einer der Gastgeber für die europäische Region. Dies ist von zentraler Bedeutung, denn die Weltgesundheitsorganisation braucht größere Unterstützung. Sie ist die Kette, die die verschiedenen Instanzen, die sich für weltweite Gesundheit einsetzen, bei ihren Bemühungen um Finanzierung sowie bei ihrer Koordinierung, Standardisierung und Arbeit vor Ort verbindet. Ich möchte andere Geber dazu aufrufen, sich zu beteiligen und einen Beitrag zu leisten, damit die Kette gestärkt wird und ihre Glieder noch zuverlässiger werden.

Gesundheit ist überall ein vordringliches Thema. Alle Krisen, Kriege, Naturkatastrophen und Pandemien haben Folgen für die Gesundheit. Und sie wirken sich hauptsächlich auf diejenigen aus, die von Armut, Benachteiligung und Diskriminierung betroffen sind. Auch das müssen wir ändern. Damit es sich ändert, sind vier Strategien entscheidend: Wir brauchen mehr Forschung, bessere Prävention, eine Aufklärung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, sowie gründliche Tests. Lassen Sie mich kurz auf die einzelnen Punkte eingehen.

Zunächst ist die Forschung in unserem Kampf gegen HIV von überragender Bedeutung, denn dieses Virus ist komplexer und anpassungsfähiger als andere. Die aktuellen Fortschritte, auch durch mRNA, machen uns zuversichtlich, dass in nicht allzu ferner Zukunft ein Impfstoff gegen HIV zur Verfügung stehen wird. In Deutschland haben wir in diesem Bereich ein florierendes Forschungsumfeld. Lassen Sie uns also gemeinsam die Forschung vorantreiben – um Menschenleben zu retten und das Leben der Menschen zu verbessern.

Zweitens sollten wir die Prävention besser aufstellen. Die verfügbaren Mittel zur HIV-Prophylaxe haben sich als äußerst wirksam erwiesen und senken die Zahl der Neuinfektionen. Zudem erhalten in Deutschland mehr als 95 Prozent aller Menschen, bei denen HIV diagnostiziert wurde, eine Behandlung. Weltweit erhielten im Jahr 2023 über 30 Millionen Menschen eine antiretrovirale Therapie. Diese Therapien sind meistens erfolgreich und unterbinden die weitere Übertragung fast vollständig.

Darüber hinaus ist Deutschland weiterhin bestrebt, das dritte Ziel von UNAIDS zu erreichen, nämlich dass 95 Prozent aller Infizierten ihre Diagnose kennen. Forschung und Prävention sind die beiden wichtigsten Maßnahmen, um die Zahl der Infektionen zu senken und die Behandlung zu verbessern.

Mein dritter Punkt – Aufklärung und Sprachgebrauch – ist jedoch ebenso von Belang. Der Sprachgebrauch beeinflusst, wie wir die Wirklichkeit wahrnehmen. Ein Mensch mit dem Etikett „Aids-Infizierter“ wird anders wahrgenommen als ein „Mensch, der mit HIV lebt“. Deshalb ist es so wichtig, in einer Weise zu kommunizieren, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, anstatt die Krankheit in den Vordergrund zu rücken.

Eine Kommunikation, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, macht es außerdem leichter, die Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten zu verstehen. In Deutschland bieten die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und die Deutsche Aidshilfe weiterhin Öffentlichkeitsarbeit und gezielte Beratung an, damit alle Menschen Zugang zu den von ihnen benötigten Informationen haben.

Zu guter Letzt müssen wir auch gründlicher testen. Woran wir jedoch wirklich weiterarbeiten müssen, ist der Kampf gegen Diskriminierung und Stigmatisierung. Dies betrifft jede einzelne Person, die mit HIV lebt. Deshalb kündige ich heute an, dass Deutschland sich der Globalen Partnerschaft von UNAIDS für Maßnahmen zur Beendigung von HIV-bezogener Stigmatisierung und Diskriminierung in all ihren Formen anschließen wird.

In diesem Frühjahr haben Menschen überall in Deutschland das 75-jährige Bestehen unseres demokratischen Grundgesetzes gefeiert. Der allererste Artikel unseres Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ 75 Jahre später hat dieser Artikel 1 nichts von seiner Kraft eingebüßt. In unserem Land ist jede und jeder Einzelne zu schützen – egal, wo man herkommt, egal, wie gesund man ist, egal, wen man liebt.

Vielen Dank. «


Quelle: Bulletin 71-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 1. August 2024

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