Veröffentlicht am: 14.11.2024 um 17:55 Uhr:

Bundesregierung: Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit

Vor dem Deutschen Bundestag hat der Bundesminister für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, am 25. September 2024 in Berlin folgende Rede zum Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit gehalten

» Frau Präsidentin!
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Weshalb brauchen wir das neue Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit? Weshalb brauchen wir ein Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin, kurz: BIPAM? Welches Problem soll gelöst werden durch eine neue Bundesbehörde?

Nun, um es kurz zu machen: Der Grund ist, dass die Lebenserwartung bei uns niedriger ist als in fast allen anderen Ländern in Westeuropa. Wir haben die zweitniedrigste Lebenserwartung in Westeuropa bei Frauen und die niedrigste bei Männern. Und der Unterschied zu den Ländern an der Spitze wird größer. Wir haben darüber hinaus auch das Problem, dass die Lebenserwartungsunterschiede zwischen Arm und Reich bei uns besonders ausgeprägt sind. In Deutschland sterben ärmere Frauen sechs Jahre früher als einkommensstärkere Frauen. Bei Männern beträgt der Abstand acht Jahre. Das ist ein Skandal, ein gesundheitspolitischer Skandal! Er geht darauf zurück, dass wir zu wenig Vorbeugung haben.

Wir werden mit dieser neuen Bundesbehörde, die wir schon lange gebraucht hätten, mit diesem neuen Institut, dieses Problem angehen. Wir werden die Lebenserwartung in Deutschland durch bessere Vorbeugemedizin verbessern können. Wir verlieren bei der Lebenserwartung im Wesentlichen durch drei Krankheitsgruppen. Wir könnten unter optimalen Bedingungen 40 Prozent der Krebserkrankungen durch Vorbeugung verhindern. Wir könnten idealerweise über 80 Prozent der schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit Todesfolge verhindern. Und wir könnten 20 Prozent, vielleicht sogar 30 Prozent der Demenzerkrankungen verhindern. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz sind die drei apokalyptischen Reiter der Gesundheit in unserer Bevölkerung.

Wir müssen diesen apokalyptischen Reitern der Gesundheit in Deutschland endlich etwas entgegenstellen. Das neue BIPAM wird die Einrichtung sein, die es uns ermöglichen wird, den wichtigsten vorzeitigen Todesursachen in Deutschland wirkungsvoll entgegenzutreten. Das ist längst überfällig und eine wichtige Initiative.

Wir hätten auch in der Pandemie ein solches Institut sehr gut gebrauchen können. Das hätte uns geholfen, die Maßnahmen besser vorzubereiten, besser auszuwerten. Wir hätten vielleicht die eine oder andere Maßnahme anders umgesetzt. Wir wären vielleicht auch in der Lage gewesen, die Kommunikation der Risiken besser zu organisieren. Das heißt, auch für den Pandemiefall ist ein solches neues Bundesinstitut von größter Bedeutung.

Ich will hier nur kurz zusammenfassen, worum es geht: Wir haben derzeit bereits gute Daten zu den Erkrankungen, die ich eben beschrieben habe: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und auch Demenz. Diese werden vom Robert-Koch-Institut ausgewertet und zusammengetragen. Aber sie kommen oft in der Kommune nicht an. In der Kommune ist der Öffentliche Gesundheitsdienst tätig, der aber oft nicht auf diese Daten zugreifen kann. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) macht eine gute Kommunikationsarbeit, ist aber weder in den Kommunen verankert, noch hat sie Zugriff auf diese Daten.

Mit dem neuen Institut bringen wir somit drei Dinge zusammen: die Daten und die Studien des Robert-Koch-Institutes, die Aufklärungsarbeit der BZgA und den Zugang zu den Daten sowie die Kommunikation in die Kommunen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Dieser Dreiklang wird erreichen, dass wir bestehende Ressourcen viel besser nutzen können. Das Ganze wird noch unterstützt durch eine Einheit von Künstlicher Intelligenz und den Zugang zum Forschungsdatenzentrum.

Das ist eine hochmoderne Struktur, die wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten gebraucht hätten. Wir haben sehr viele Menschen verloren, nicht schützen können. Lassen Sie uns jetzt nach vorne blicken! Es ist noch nicht zu spät. Dieses Institut wird auch die Babyboomergesundheit noch nachhaltig beeinflussen.

Daher freue ich mich auf die Beratungen und danke Ihnen für die vorzügliche Aufmerksamkeit. «


Quelle: Bulletin 86-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 26. September 2024

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