Veröffentlicht am: 15.11.2024 um 23:58 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier bei einer Konferenz im Klimareferat der Vereinten Nationen (UN)

Bei einer Konferenz im Klimareferat der Vereinten Nationen (UN) hat Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier am 28. September 2024 in Bonn folgende Rede gehalten

» Ein grüner Hammer mit legendärer Bedeutung – er liegt, wie ich weiß, nicht weit von hier in der Ausstellung des UN-Klimasekretariats in einer Vitrine. Neun Jahre ist es jetzt her, dass ein Schlag mit diesem Hammer das Klimaabkommen von Paris symbolisch besiegelte – ein Riesenschritt für den internationalen Klimaschutz unter dem Dach der Vereinten Nationen und, wir haben es eben gehört, der Anfang eines langen Weges. Jetzt sind wir mittendrin in diesem Prozess. Wandel und Veränderung hin zur Klimaneutralität, all das prägt unsere Zeit. Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle. Es begleitet die Regierungen bei der Umsetzung der Klimaziele. Es wirbt für Partnerschaften. Und es bringt die vielen verschiedenen Akteure zusammen.

Sehr geehrter Herr Staatspräsident, lieber Sergio Mattarella, ich freue mich ganz besonders, dass wir beide heute gemeinsam das Klimasekretariat der Vereinten Nationen und diese Konferenz hier besuchen. Wir beide teilen die Überzeugung, dass sich die Klimakrise nur mit vereinten Kräften bewältigen lässt. Kooperation ist das Gebot der Stunde, internationale, europäische und bilaterale Kooperation verbunden mit einem engen Austausch zwischen Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Politik.

Dieses Ziel bringt uns, das bringt Sie heute zusammen. Und ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für Ihren Einsatz, den Sie leisten, bedanken. Ich danke Ihnen für das Wissen, für Ihren Tatendrang und Ihre innovativen Ideen beim Kampf gegen den Klimawandel. Ihre Erfahrung und Ihre Vernetzung sind entscheidend, um Klimaschutz und Energiewende voranzubringen. Die jüngsten Überschwemmungen in Polen, Rumänien, Österreich und Tschechien zeugen ebenso von der Dringlichkeit dieser Aufgabe wie die Brände in Portugal und Griechenland. Im vergangenen Jahr haben Sie, lieber Präsident Mattarella, einen „Aufruf für das Mittelmeer“ gestartet – ein Meer, dessen Temperatur derzeit neun Grad Celsius über dem Normalwert früherer Jahre liegt. Und auch in Ihrer Heimat Sizilien haben wir gemeinsam gesehen, welche verheerenden Folgen der Klimawandel dort hat. Seen und Flüsse trocknen aus, Felder verdorren, Wasser wird rationiert. Der Süden Italiens leidet, wie wir auch in deutschen Zeitungen lesen können, unter extremer Dürre.

Italien und Deutschland packen gemeinsam an. Das freut mich sehr. Unsere Länder sind wichtige Partner. Und wir arbeiten beim Aufbau eines klimaneutralen europäischen Energiesystems eng zusammen. Das haben meine Vorredner gerade eben bestätigt. Eine gute Grundlage ist dabei, da bin ich sicher, der deutsch-italienische Aktionsplan mit wichtigen Vorhaben im Bereich des Klimaschutzes. Dazu gehört zum Beispiel die Zusammenarbeit im Bereich der Meteorologie zur besseren Vorhersage von Extremwetter. Und dazu gehört auch der Bau einer Wasserstoffpipeline über die Alpen, der Wasserstoffsüdkorridor. Wir sind sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit bei diesen Projekten.

Für eine erfolgreiche Transformation unserer Wirtschaft wird regenerativ erzeugter Strom wesentlich sein. Die Gigafactory 3Sun, die im sizilianischen Catania Solarmodule produziert und die Staatspräsident Mattarella und ich vor genau einem Jahr dort besucht haben, ist eins der europäischen Leuchtturmprojekte. Als Mitglieder der Friends-of-Renewables-Allianz treiben Italien und Deutschland den Ausbau erneuerbarer Energien in Europa voran. Wir wollen Solarenergie aus Sizilien und Windenergie von der Nordsee in Zukunft jederzeit dorthin leiten können, wo sie gebraucht werden.

Italien und Deutschland stehen auf dem Weg zur Klimaneutralität vor ganz ähnlichen Herausforderungen. Unsere Volkswirtschaften sind beide maßgeblich durch Industrie geprägt und auf eine stabile, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Gleichzeitig stehen wir als Industrieländer auch in einer besonderen Verantwortung.

Bei all unseren Anstrengungen muss unser Ziel ein dreifaches sein: schnell und effektiv zu dekarbonisieren und gleichzeitig unsere industrielle Basis zu erhalten. Gleichzeitig müssen wir den Umbau unserer Wirtschaftsweise so organisieren, dass soziale Verwerfungen möglichst vermieden werden. Wir müssen Brücken in die klimaneutrale Zukunft bauen, die so breit sind, dass möglichst alle darüber gehen können. Mit anderen Worten: Es geht darum, Klimaschutz mit Lebensqualität und sozialer Sicherheit zu verbinden. Dass das möglich ist, davon sind wir beide überzeugt. Der Bericht, den Mario Draghi für die Kommission der Europäischen Union erarbeitet hat, unterstreicht außerdem: Eine gut umgesetzte Dekarbonisierung kann für Europa auch eine große Wachstumschance sein!

Und jetzt freue ich mich auf die Rede meines Kollegen und Freundes Sergio Mattarella. Europäische Zusammenarbeit in wichtigen Zukunftsfragen – das ist, das versichere ich Ihnen, uns beiden ein großes Anliegen. Wir, Italien und Deutschland, gehen die großen Aufgaben gemeinsam an. Ich danke Ihnen dafür, lieber Sergio Mattarella, von Herzen. Und auch Ihnen, meinen Damen und Herren, möchte ich für Ihren wichtigen Beitrag danken. Sie zeigen, dass eine gute Zukunft möglich ist. Lassen Sie uns gemeinsam weiter dafür arbeiten! «


Quelle: Bulletin 89-2 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 1. Oktober 2024

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