Veröffentlicht am: 16.12.2024 um 06:52 Uhr:

Bundesregierung: Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zum Gesetz zur Reform der Notfallversorgung

Zum Gesetz zur Reform der Notfallversorgung hat der Bundesminister für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, vor dem Deutschen Bundestag am 9. Oktober 2024 in Berlin nachfolgende Rede gehalten

» Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Wer einen Schlaganfall oder einen schweren Unfall erleidet, benötigt schnell medizinische Hilfe. Es zählt jede Minute, oftmals geht es um Leben und Tod. Wir wissen seit vielen Jahren, dass die Notfallversorgung in Deutschland leider reformbedürftig ist. Wir haben hochqualifiziertes, engagiertes Personal; am Personal liegt es nicht. Aber die Strukturen sind – wie auch in anderen Bereichen unseres Gesundheitssystems – leider nicht stimmig.

Die Ambulanzen und Notfallaufnahmen sind überlaufen, sie sind überlastet. Es wird geschätzt, dass 30 Prozent der Patienten, die dort oft über Stunden hinweg warten, in Wirklichkeit gar nicht in einer Notfallaufnahme hätten behandelt werden müssen. Das führt zu Situationen, dass einige Menschen mittlerweile so frustriert sind, dass es zum Teil zu nicht akzeptabler Gewalt gegen das Personal kommt. Kliniken, die Notfallambulanzen unterhalten, machen damit Verluste. Somit ist dieser Bereich unbeliebt und oft finanziell nicht abgedeckt. Er arbeitet nicht mit der Qualität, mit der er arbeiten könnte. Dieses Problem kennen wir seit mindestens zehn Jahren. Daher ist die jetzt kommende Reform absolut überfällig, angefangen damit, dass wir im Zuge der Krankenhausreform die Notfallversorgung durch Vorhaltepauschalen und Zuschläge finanziell besser ausstatten werden. Aber dabei kann es nicht bleiben. Wichtig ist, dass wir endlich das seit langer Zeit geforderte Konzept der Akutleitstellen einführen. Die 116117 wird auf den Rettungsleitstellen zusammengeschaltet für alle hilfesuchenden Patientinnen und Patienten, und das kann mit der 112 verknüpft werden. Wenn diese Verknüpfung gelingt, dann können Patienten, die die 116117 anrufen und in Wirklichkeit einen Rettungseinsatz benötigen, sofort an die Rettungsstelle weitergeleitet werden. Aber es können auch Patienten der Rettungsstelle herabgestuft und an die 116117 verwiesen werden. Somit werden die Mittel viel effizienter eingesetzt.

Wenn das funktioniert, dann haben wir tatsächlich die Möglichkeit, dass der Termin vor Ort gar nicht wahrgenommen werden muss, dass es eine telemedizinische Behandlung oder Versorgung gibt, dass jemand rausfährt und den Patienten abholt, dass der Patient in einer Praxis behandelt wird oder dass er – wie jetzt – in der Notfallzentrale oder stationär aufgenommen wird. Wir haben das gesamte Spektrum. Das ist eine moderne, schnelle, gut funktionierende Leitstelle und Versorgung. Und mit dem hochqualifizierten Personal, das wir haben, können wir das machen. Wir hätten es eigentlich längst machen müssen.

Das Kernstück in materieller Hinsicht sind die Integrierten Notfallzentren. Dort werden Notdienstpraxen der Kassenärztlichen Vereinigung und Notfallaufnahmen zusammengeführt. Auch im Bereich der medizinischen Versorgung von Kindern werden wir entweder eine fachärztliche telemedizinische Kinderversorgung zu jedem Zeitpunkt ermöglichen oder sogar Integrierte Notfallzentren für Kinder einrichten. So können auch Kinder von Anfang an die bestmögliche Notfallversorgung erwarten.

Diese Reform ist sehr wichtig. Sie wurde in der Vergangenheit in verschiedenen Kon-stellationen immer wieder angegangen. Sie muss mit einer Reform des Rettungsdienstes kombiniert werden. Ich kann hier nur alle dazu aufrufen, an dieser wichtigen Reform, die in Fachkreisen unumstritten ist, jenseits von Parteipolitik mitzuarbeiten. Wir verlieren jeden Tag ohne Not Menschenleben, weil unsere Notfallversorgung nicht so gut ist, wie sie sein könnte. Jeden Tag sterben in Deutschland Menschen, die nicht sterben müssten, wenn wir ein besseres Rettungswesen und ein besseres Notfallsystem hätten. Packen wir das jetzt gemeinsam an!

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. «


Quelle: Bulletin 93-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 10. Oktober 2024

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