Veröffentlicht am: 29.05.2025 um 22:51 Uhr:

Bundesregierung: Die deutsch-italienische Zusammenarbeit soll weiter vertieft werden

Beim Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Italien herrschte vor allem Einigkeit beim Thema Migration. Auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas soll gestärkt werden. Die Friedensbemühungen in der Ukraine will man weiterhin gemeinsam vorantreiben.

» Zum Auftakt seiner zweitägigen Italienreise hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz mit Ministerpräsidentin Georgia Meloni in Rom getroffen. Zum Wohle beider Länder und zum Wohle der Europäischen Politik wolle man in Zukunft intensiver zusammenarbeiten. Deshalb habe man unter anderem vereinbart, die deutsch-italienischen Regierungskonsultationen im nächsten Jahr durchzuführen.

Weitere Themen waren der Krieg und die Bemühungen um Frieden in der Ukraine, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Industrie und das Bestreben, Bürokratie abzubauen sowie den europäischen Binnenmarkt zu stärken. Einigkeit herrschte auch beim Thema Migration. Die irreguläre Migration solle stärker als bisher bekämpft werden: „Wir wollen hierzu vor allem neue, restriktive europäische Asylregeln rasch umsetzen", betonte Merz.

Lesen Sie hier das gesamte Pressestatement

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung.)

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni

Einen schönen guten Abend, Ihnen allen, meine Damen und Herren! Danke vielmals, dass Sie hier sind. Ich bin sehr froh, dass ich den Bundeskanzler zum ersten Mal, seit er Kanzler geworden ist, hier empfangen durfte. Wir waren gestern auf dem Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Dort, aber auch schon am Telefon haben wir uns austauschen können. Das haben wir heute in unserem bilateralen Treffen vertieft. Es wird auch ein gemeinsames Essen mit den Delegationen geben.

Es war sehr offen, sehr herzlich. Aber vor allem war das Treffen, das wir gehabt haben, sehr konkret. Auf diese Art haben wir ganz klar ein Dementi vorgeben können. Die neue Regierung hat nämlich ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass sie auch weiterhin ein gutes Verhältnis zu Italien pflegen will. Unsere Beziehungen sind sehr solide. Es ist also unmöglich, sie in Zweifel zu ziehen, eben aufgrund der engen Bande, die wir kennen. Sie sind unabhängig von den schwierigen Zeiten, die wir durchmachen. Wir sind befreundete Staaten, verbündete Staaten, auch geeinte Staaten, und zwar aufgrund unserer historischen und kulturellen Bande. Wir sind auch Gründungsstaaten der Europäischen Union und haben vieles gemeinsam getan. Gleichzeitig sind wir in allen multilateralen und internationalen Foren auf ein und derselben Seite. Wir sind auch die zwei wichtigsten verarbeitenden Industrien in Europa, die wichtigsten Gewerbegesellschaften. Wir sind immer eng miteinander verknüpft gewesen und sind es auch heute noch. Daher sind wir, wie gesagt, auch wichtige Handelspartner. Im vergangenen Jahr haben wir in unserem Warenaustausch 150 Milliarden Euro verzeichnet. Wir arbeiten zusammen. Das ist eine gute Nachricht für unsere Völker, aber auch für Europa insgesamt.

Im November 2023 haben wir in Deutschland einen Aktionsplan unterzeichnet, um unsere Kooperation noch weiter vertiefen zu können und auch zu schauen, in welchem Bereich wir weiter wachsen können. In diesem Aktionsplan haben wir uns verschiedene Ziele gesetzt. Seit November 2023 haben wir daran gearbeitet und werden auch weiterhin an den dort gesteckten Zielen arbeiten.

Am wichtigsten ist es vielleicht, unsere wirtschaftliche Kooperation zu vertiefen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen anzukurbeln. Diese Priorität teilen wir, vor allem auch angesichts der dramatischen Folgen, was vor allem die ideologische Vision der digitalen und der ökologischen Transformation betrifft. Natürlich wollen wir die Umweltziele erreichen, das ist klar. Aber wir wissen auch, dass man die wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit berücksichtigen und pragmatisch an die Dinge herangehen muss. Dies kann man einfach nicht übersehen. Denn wir dürfen nicht das Risiko eingehen, dass es in unserem Land zu wirtschaftlicher Verwüstung kommt. Denn in einer Wüste gibt es nichts Grünes, wie ich immer gesagt habe. Daher müssen wir zunächst einmal dagegen ankämpfen.

Dabei denke ich natürlich vor allem an die Automobilbranche. In diesem Bereich sind Deutschland und Italien wirklich tonangebend. Dieser Bereich hatte aufgrund der ideologischen Herangehensweise an die Transformation faktisch sehr zu leiden. Wir wissen, dass die Europäische Kommission schon einige Korrekturen vorgenommen hat, auch aufgrund des italienischen Impulses. Ich denke an die Strafzahlungen und das, was die Ziele betrifft, die wir im zweiten Halbjahr 2025 erzielt haben. Ich denke, dass noch mehr getan werden müsste. Auch die technologische Offenheit muss immer in den Vordergrund gestellt werden. Das ist auch schon in die jüngsten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates eingeflossen, auch dort aufgrund einer italienischen Anregung. Das ist grundsätzlich, um auch alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff und Biokraftstoffe verwenden zu können, auch unter Berücksichtigung der effektiven Umweltverschmutzung, was den gesamten Produktionszyklus eines Fahrzeuges betrifft. An allen diesen Vorschlägen arbeitet auch Italien. Es geht aber natürlich auch um andere Wirtschaftsbereiche wie den Energiesektor, wo wir wettbewerbsfähiger werden müssen.

Ich persönlich bin weiterhin der Meinung, dass es kontraproduktiv ist, wenn es weiterhin nur um die Transformation in Richtung des Elektromotors geht. Denn dabei sind andere Protagonisten tonangebend und nicht Deutschland, Italien oder Europa überhaupt.

Wir dürfen also nicht der Versuchung nachgeben, in Europa eine Überreglementierung vorzunehmen. Wir müssen uns auf die großen Fragen konzentrieren, bei denen unsere gemeinsame Arbeit noch grundlegend sein kann. Wir müssen das Subsidiaritätsprinzip wieder aufnehmen. Das steht schon in den Verträgen, ist aber nicht wirklich berücksichtigt worden. Es könnte noch einen großen Unterschied darstellen. Die Europäische Kommission hat diesbezüglich schon einen gewissen Weg eingeschlagen. Die Transformation muss sowohl im Vorfeld wie auch danach greifen. Wie gesagt, dürfen wir keine Überreglementierung vornehmen und unsere Unternehmen daher auch nicht überfordern.

Was den Aktionsplan betrifft, haben wir daran gearbeitet, unsere Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung zu intensivieren. Dort gibt es eine industrielle Realität, die einen großen Mehrwert generiert. Das hat auch die Kooperation und das Joint Venture zwischen Leonardo und Rheinmetall mit ca. 25 Milliarden gezeigt. Auch darüber hatten wir einen Austausch. Deutschland und Italien stellen, auch was die transatlantischen Beziehungen betrifft, einen Mehrwert dar und können eine wesentliche Rolle spielen, um der größeren Verantwortung zu entsprechen, die von den Europäern im Bereich der NATO verlangt wird. Ich bin weiterhin der Meinung, dass wir im transatlantischen Bereich einen soliden europäischen Pfeiler schaffen müssen, um strategisch das zu ergänzen, was schon die Amerikaner leisten.

Wir haben uns auch über die internationalen Fragen ausgetauscht, die gemeinsamen Bemühungen, damit es zu einem dauerhaften Frieden in der Ukraine kommen kann. Jetzt gibt es die Möglichkeit, auch dank des Mutes des ukrainischen Volkes, aber auch dank der Unterstützung seitens des Westens, dass heute hier Grundvoraussetzungen geschaffen wurden. Es kam zu keinem Treffen zwischen Selenskyj und Putin in Istanbul. Aber ich denke, dass sich die Delegationen gesehen und ausgetauscht haben, auch aufgrund der türkischen und der amerikanischen Herangehensweise. Ich hoffe, dass das ein erster, wenn auch noch bescheidener Schritt in Richtung eines dauerhaften Friedens unter Berücksichtigung der Sicherheitsleistungen für ein angegriffenes Volk sein kann. Das dürfen wir nie aus dem Auge verlieren. Ich möchte mich auch für die Worte des Papstes bedanken, der den Heiligen Stuhl als Ort eventueller weiterer Friedensverhandlungen bereitgestellt hat.

Wir haben natürlich auch über den Nahen Osten gesprochen. Wir beide sind aufrichtige Freunde Israels. Aber eben weil wir aufrichtige Freunde Israels sind, können wir bei dem, was im Gazastreifen vor sich geht, nicht gleichgültig zusehen. Die Situation wird immer unhaltbarer und schwieriger. Wir sind fest engagiert, damit es dort wirklich zu einer dauerhaften Waffenruhe kommen kann und die Kampfhandlungen eingestellt werden können.

Natürlich muss man weiterhin darauf bestehen, dass die Hamas alle Geiseln freilässt. Es gibt keine Zukunft für die Anwesenheit der Hamas im Gazastreifen oder einem zukünftigen palästinensischen Staate. Das habe ich auch dem Kanzler bei unserem Treffen gesagt. Man kann den Wiederaufbauplan der arabischen Staaten als Grundlage heranziehen, um einen Sicherheitsplan für die Region zu schaffen, sodass es am Ende zu einer Zweistaatenlösung kommt. Aber dazu muss es zu mutigen Entscheidungen seitens Israels, der arabischen Staaten und der Palästinenser kommen.

Dann haben wir ein Thema behandelt, dass uns wirklich sehr am Herzen liegt, nämlich das der Migration. Im Rahmen des römischen Prozesses wird schon zusammengearbeitet. Dabei sind wir mit Kanzler Merz auf einer Wellenlänge. Ich denke, wir werden gut zusammenarbeiten, um die Herangehensweise zu ändern, zu der es schon gekommen ist, nämlich die Menschenhändler zu bekämpfen und die Außengrenzen zu schützen, die Rückführungen zu fördern und dann auch eine neue Kooperation mit den Ursprungs- und Transitländern, mit den afrikanischen Staaten aufzusetzen. Mich freut, zu sehen, dass auch der Kanzler ein Interesse an den Gleichgesinnten hat, die sich vor den Sitzungen des Europäischen Rates treffen, um zu diskutieren, wie die großen Migrationsfragen angegangen werden können. Denken wir zum Beispiel an unsere innovative Lösung, das Protokoll mit Albanien. Ich denke, dass es noch eine Marge gibt, um dabei zusammenzuarbeiten.

Wir haben auch darüber gesprochen, wie unsere Kooperationen in anderen Bereichen gefördert werden können. Der Energiebereich ist ein sehr wichtiger Punkt. Italien kann eine wichtige Funktion spielen, was die Versorgung mit Wasserstoff und die Gasversorgung im mediterranen Raum betrifft. Das ist auch eines der großen strategischen Projekte, an denen diese Regierung arbeitet. Wir arbeiten auch bezüglich der notwendigen Verbindungen. Ich denke an den SoutH2 Corridor, ELMED, Medlink. Das ist gemeinsam mit Verteidigung und Migration einer der Bereiche, in denen wir unsere Zusammenarbeit zukünftig noch weiter vertiefen können, um unseren Aktionsplan weiter voranzutreiben.

Heute hat meines Erachtens also eine neue Phase unseres gemeinsamen Weges begonnen. Das wird es uns ermöglichen, dass Anfang 2026 der neue Regierungsgipfel zwischen Italien und Deutschland stattfinden wird. Das ist eine der Entscheidungen, die wir getroffen haben. Italien wird der Gastgeber sein. Ich freue mich, dieses Treffen, an dem wir von heute an arbeiten werden, hier ankündigen zu können.

Danke vielmals, Herr Bundeskanzler. Danke vielmals, Friedrich, dass du hier warst, und danke vielmals für die Arbeit, die wir ab morgen gemeinsam machen werden. Danke schön.

Bundeskanzler Friedrich Merz

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Giorgia, zunächst ganz herzlichen Dank für den herzlichen Empfang heute hier in Rom!

Ich freue mich sehr, dass ich mit diesem sehr frühen Besuch, nachdem ich in der letzten Woche mein Amt als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland angetreten habe, ein sehr unmissverständliches Zeichen setzen kann. Deutschland und Italien sind durch eine tiefe Freundschaft seit Jahrzehnten eng miteinander verbunden, wir sind beide Gründerstaaten der Europäischen Union, uns verbindet eine Zusammenarbeit über Jahre und Jahrzehnte, und ich möchte, dass diese Zusammenarbeit fortgesetzt und noch intensiver wird.

Für uns Deutsche ist Italien heute mehr denn je ein unverzichtbarer strategischer Partner in der Europapolitik und in der Außenpolitik. Wir sind zwei große europäische Industrienationen, und wir sind auch über die wirtschaftliche Zusammenarbeit eng miteinander verbunden. Es gibt zu praktisch allen europapolitischen Fragen eine sehr weitgehende Übereinstimmung zwischen unseren beiden Ländern. Wir wollen gemeinsam ein starkes, sicheres und wettbewerbsfähiges Europa. Ich bin deshalb sehr dankbar, Giorgia, dass wir schon in den ersten Tagen engen Kontakt miteinander aufnehmen konnten. Wir sehen uns jetzt innerhalb von 24 Stunden schon zum zweiten Mal. Wir haben uns gestern in Tirana getroffen, wir haben aber auch schon einige Male miteinander telefoniert.

Unsere Partnerschaft wollen wir gemeinsam vertiefen. Wir wollen das zum Wohle unserer Länder tun und wir wollen das zum Wohle auch der Europäischen Politik tun. Wir haben deshalb vereinbart – du hast es gerade gesagt –, dass wir die deutsch-italienischen Regierungskonsultationen im nächsten Jahr durchführen. Beim letzten Mal war Deutschland Gastgeber. Ich freue mich sehr, dass wir im nächsten Jahr eingeladen sind, nach Italien zu kommen. Wir nehmen diese Einladung sehr gern an, und wir werden bei dieser Gelegenheit dann das 75-jährige Jubiläum unserer diplomatischen Beziehungen würdigen. Wir werden unsere Außenminister bitten, unseren bilateralen Aktionsplan, über den du gerade schon gesprochen hast, rasch zu aktualisieren und auch auf ein neues Ambitionsniveau zu heben. Unsere Fachminister arbeiten schon jetzt eng zu den großen Fragen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zusammen. Das Gleiche wird auch im Bereich der Migrationspolitik mit unserem neuen Innenminister der Fall sein.

Wir beide haben uns schon gestern und auch heute noch einmal sehr ausführlich zum Krieg in der Ukraine ausgetauscht. Die gestrigen Gespräche in Istanbul sind hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben, trotz einer maximal konstruktiven Haltung der ukrainischen Verhandlungsführung. Die Delegationen konnten immerhin einen Gefangenenaustausch verabreden, aber Russland hat sich der Forderung nach einem umfassenden und bedingungslosen Waffenstillstand bisher verweigert. Präsident Putin selbst war nicht bereit, in die Türkei zu kommen. Seine Truppen setzen auch heute die Angriffe mit unverminderter Härte fort.

Wir werden deshalb den Druck auf Russland weiter erhöhen. Am Dienstag wollen wir in der Europäischen Union das 17. Sanktionspaket in Kraft setzen. Dies wird unter anderem die sogenannte Schattenflotte in der Ostsee ins Visier nehmen. Die Kommission arbeitet bereits an darüber hinausgehenden Vorschlägen. Ich unterstütze den Vorschlag der Kommission, zum Beispiel die Arbeit an den europäischen Maßnahmen gegen die Nord-Stream-2-Pipelines aufzunehmen.

Unsere intensiven Bemühungen um ein Ende des Krieges in der Ukraine gehen derweil weiter. Wir stimmen uns dazu mit den europäischen und auch mit den amerikanischen Partnern engstens ab. Ich will an dieser Stelle ausdrücklich begrüßen, dass Giorgia Meloni sehr frühzeitig in die USA gereist ist und mit Präsident Trump ein offensichtlich gutes, auch persönliches Einvernehmen gefunden hat. Sie hat Einfluss, und sie ist in Europa damit einer der wichtigen politischen Führer und sorgt auch dafür, dass wir eng an der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben; denn wir alle wissen, dass wir Amerika nicht ersetzen können.

Wichtig ist, dass wir alle zusammen das Wesentliche nicht aus dem Blick verlieren, nämlich einen schnellen und kompletten Waffenstillstand. Das bleibt auch von hier aus die klare Botschaft an Moskau.

Meine Damen und Herren, wir haben auch ausführlich über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie gesprochen. Giorgia Meloni hat betont – und ich unterstreiche das auch von meiner Seite –, wie groß unser Interesse daran ist – auch aus der Sicht der jeweiligen Industrie in Italien und in Deutschland –, dass wir eine wettbewerbsfähige Industrie haben. Zentral ist eben unsere Wettbewerbsfähigkeit auf der Welt und innerhalb Europas. Wenn wir global handlungsfähig sein wollen, dann geht das eben nur aus einer eigenen, auch ökonomischen Stärke heraus. Wir sind uns einig: Europa braucht eine grundlegende Modernisierung und einen verbesserten Rahmen für Wachstum.

Ich bin sehr dankbar, dass wir auch bei einer Priorität Einigkeit haben, nämlich der Priorität eines deutlichen Rückbaus der Bürokratie, die aus Europa kommt. Wir müssen unsere Unternehmen substanziell und dauerhaft von diesen Lasten befreien und wir müssen vor allem Planungssicherheit schaffen, sodass die Unternehmen in Europa, die Unternehmen in Italien, die Unternehmen in Deutschland einfach bessere und vor allem verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden.

Das gilt auch für die Energiepreise. Wir müssen das Energieangebot ausweiten. Ich bin sehr dankbar für das Angebot, dass wir auch eine vertiefte Energiepartnerschaft zwischen Deutschland und Italien eingehen. Das kann auch eine wirkliche Win-win-Situation für unsere beiden Länder sein. Wir brauchen hier effiziente Märkte, und wir müssen uns in Europa auch besser vernetzen.

Wir wollen den europäischen Binnenmarkt stärken. Ich will auch ausdrücklich Dank sagen an einen der Vorgänger von Giorgia Meloni, den Sie alle kennen: Enrico Letta hat der Europäischen Union ein umfassendes Dokument zur Stärkung des europäischen Binnenmarktes vorgelegt. Ich hatte Gelegenheit, ihn bei der Erstellung dieses Berichtes auch zu sprechen. Wir haben ein sehr ausführliches Gespräch in Berlin miteinander geführt. Ich bin dankbar, dass dieses Dokument erstellt worden ist, genauso wie ein weiteres Dokument von einem zweiten Repräsentanten dieses Landes, nämlich von Mario Draghi, der seinen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union vorgelegt hat – zwei große Dokumente aus Italien, von führenden, verantwortlichen italienischen Staatsmännern, die dafür gesorgt haben, dass wir mit ausreichend Grundlagen über den Binnenmarkt und über die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union ausgestattet sind. Das sind sehr wichtige Impulse, die wir aufnehmen sollten und auch umsetzen sollten.

Wir werden unseren europäischen Binnenmarkt auch im Hinblick auf den Kapitalmarkt stärken und ausbauen, und wir brauchen schließlich eine ambitionierte europäische Handelspolitik. Ich setze mich ‑ das wird Sie nicht überraschen ‑ für die zügige Verabschiedung des MERCOSUR-Abkommens ein. Ich weiß, dass es dazu in einigen Mitgliedstaaten, auch in Italien, noch Diskussionen gibt. Es gibt Einzelfragen, aber wir sind uns im Ergebnis einig: Wir brauchen schnell dieses Abkommen und weitere Abkommen in der Welt für freien Handel. Wir stehen hier auch für den offenen und freien Welthandel, und wir wissen, dass dies auch nur dann allen nutzen kann, wenn wir so viel freien Handel wie möglich haben.

In diesem Zusammenhang ist es gut, wenn die Europäische Kommission jetzt auch im Hinblick auf den Zollkonflikt mit den Vereinigten Staaten die Dinge voranbringt. Ich bin sehr dankbar, dass wir auch hierzu die gleiche Meinung haben. Ich werde mich jedenfalls bei meinem in Kürze anstehenden Besuch in den USA auch gegenüber Präsident Trump in gleicher Weise äußern. Wir wollen dafür sorgen, dass dieser Konflikt mit Amerika nicht eskaliert, sondern wir ihn möglichst schnell beilegen können, sodass wir wieder einen guten transatlantischen Handel haben.

Du hast es angesprochen, Giorgia, und ich will es auch von meiner Seite aus ansprechen: Wir haben das Thema Migration besprochen. Wir waren uns einig, die irreguläre Migration in die Europäische Union entschiedener als bisher anzugehen. Ich will dafür auch für die neue deutsche Bundesregierung sagen: Wir werden nicht mehr auf der Bremse stehen, wenn es jetzt um die Lösung der Probleme in der Europäischen Union geht. Wir wollen hierzu vor allem neue, restriktive europäische Asylregeln rasch umsetzen.

Es bleibt gleichwohl ein Problem mit der sogenannten Sekundärmigration. Auch darüber haben wir gesprochen. Wir wollen uns diesem Thema zuwenden und auch Lösungen suchen. Wir waren uns einig, dass wir in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten vertiefen wollen. Ich will in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich sagen: Die Initiativen, die von Italien in den letzten Monaten ausgegangen sind, gerade gegenüber dem einen oder anderen Anrainerstaat des Mittelmeers, sind außerordentlich erfolgreich gewesen. Das sind gute Initiativen, die wir auch aus Deutschland unterstützen.

In diesem Sinne also, liebe Giorgia, noch einmal ganz herzlichen Dank für den sehr warmen Empfang hier in Rom! Ich freue mich auf eine weiter enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Italien. Lassen Sie mich noch sagen, weil ich es Giorgia Meloni in unserem Vier-Augen-Gespräch auch gesagt habe: Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in ihrer langjährigen europäischen Tradition immer als ein Land verstanden, das Brücken baut innerhalb der Europäischen Union. Wir sind natürlich eng verbunden mit Frankreich, wir sind eng verbunden mit unserem großen östlichen Nachbarn Polen, aber wir haben auch eine sehr enge und auch in vielerlei Hinsicht emotionale Beziehung zu Italien. Das ist immer auch ein bisschen die deutsche DNA gewesen; Italien ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer ein bisschen das Sehnsuchtsland der Deutschen gewesen.

Ich habe von Helmut Kohl auch dieses gelernt: Wir müssen in Europa Brückenbauer sein. Wir sind ein Land, das sich verpflichtet fühlt, mit allen gut zusammenzuarbeiten und – auch darüber waren wir uns einig – vor allem auch kleinere Mitgliedstaaten mitzunehmen. Es ist eine Aufgabe der Großen, dies zu tun, und zu den großen Mitgliedstaaten gehört auch Italien.

Noch einmal herzlichen Dank für den wirklich sehr freundlichen und warmen Empfang hier! Ich freue mich auf die Fortsetzung unserer guten Zusammenarbeit.

Frage: Herr Bundeskanzler, haben Sie Frau Meloni gefragt, warum sie bisher nicht bei der Koalition der Willigen dabei ist? Würden Sie es sich wünschen, dass sie in Zukunft mit dabei ist?

Bundeskanzler Friedrich Merz: Wir haben miteinander über dieses Thema gesprochen. Sie kennen das Format. Wir wollen das in den nächsten Tagen und Wochen vertiefen. Sie kennen ein bisschen die Geschichte des Formats der Koalition der Willigen. Sie kennen auch ein bisschen die Geschichte des E3-Formates. Ich habe mich bemüht, in den letzten Tagen in den Gesprächen mit Wolodymyr Selenskyj auch das Land Polen, den polnischen Ministerpräsidenten mit einzubeziehen, einfach auch deshalb, weil Polen so dicht an dem Konflikt liegt. Aber wir waren uns darüber einig, dass Italien dabei eine Rolle spielen muss. Ich werde in den nächsten Tagen auch Gespräche in der Europäischen Union führen, um Italien in alle unsere Bemühungen mit einzubeziehen, diesen Konflikt zu lösen.

Ich will es einmal ganz generell sagen – das beziehe ich auch auf Italien –: Wir dürfen uns in der Europäischen Union nicht auseinanderdividieren lassen. Es gibt auch keine Mitglieder erster oder zweiter Klasse. Es gibt keine Unterschiede in dem, was wir gemeinsam tun wollen. Wir haben in der Europäischen Union das gemeinsame Interesse, unseren Beitrag dafür zu leisten, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Dazu kann und wird auch Italien einen Beitrag leisten.

Frage: Eine Frage für Kanzler Merz: Sie haben von einer ganz engen Beziehung zu Italien gesprochen. In den letzten Tagen hat man viel über mutmaßliche Vorurteile in Ihrer Koalition gesprochen, über die SPD, die eventuell die Rolle Italiens als strategischen Partners infrage gestellt hat. Ich frage Sie nun, ob es in den Koalitionsverhandlungen wirklich zu einer solchen Diskussion gekommen ist oder nicht.

Ist Ihre Koalition wirklich geeint, auch falls schwierige Entscheidungen in anderen Themen getroffen werden? Ich meine zum Beispiel, ob Sie einverstanden sind, Truppen in die Ukraine zu entsenden, oder nicht.

Bundeskanzler Merz: Ich kann Ihnen zu dem zweiten Teil der Frage eine sehr klare Antwort geben, genauso wie zum ersten. Aber ich beginne mit dem zweiten Teil. Es gibt keinerlei Entscheidungen und auch keine Diskussionen um die Frage, ob wir aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus dem europäischen Teil der NATO heraus Truppen in die Ukraine entsenden. Wir alle sind darum bemüht, zunächst einmal einen Waffenstillstand herbeizuführen. Das Nächste muss sein, dass innerhalb einer langen Phase eines Waffenstillstandes die Formate für Friedensgespräche geklärt werden. Welche Sicherheitsgarantien möglicherweise eines Tages für die Ukraine notwendig sind und welche entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden, das können wir heute noch überhaupt nicht absehen. Die Diskussion über Truppenentsendungen in die Ukraine ist eine Diskussion, die zurzeit völlig außerhalb jeder politischen Realität steht. Es gibt diese Diskussion nicht. Es gibt keine Notwendigkeit. Im Augenblick gibt es überhaupt keine Veranlassung, über dieses Thema zu sprechen. Wir sind weit davon entfernt. Wir wollen jetzt erst einmal, dass die Waffen schweigen. Wir wollen, dass das Töten aufhört. Wir wollen anschließend bei einem Waffenstillstand Friedensverhandlungen führen. Das wird möglicherweise noch lange dauern. Diesen Fragen wenden wir uns im Augenblick zu und keinen anderen.

Ich kann aus den Koalitionsgesprächen berichten, dass es dort jedenfalls in der Gruppe derer, die die Koalitionsverhandlungen geführt haben – das waren zehn Personen auf der Seite der CDU/CSU und neun Personen auf der Seite der SPD– zu keinem Zeitpunkt irgendeine streitige Diskussion über die Rolle Italiens in der Europäischen Union gegeben hat, zu keinem Zeitpunkt. Ich habe erst in der Vorbereitung auf den Besuch hier zu meiner Überraschung gehört, dass es angeblich Irritationen oder gar Versuche gegeben habe, Italien in seiner Rolle, in seiner Bedeutung aus diesem Kreis in irgendeiner Weise auszuschließen.

Ich kann es hier sehr klar und sehr deutlich sagen: Alle Nachrichten darüber sind falsch. Wir betrachten Italien als einen wichtigen, großen Partner in der Europäischen Union. Der Tatsache, dass ich heute hier bin, entnehmen Sie bitte, dass ich hier nicht nur für mich, sondern für die gesamte Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland spreche.

Frage: Herr Bundeskanzler, Sie haben gerade ausdrücklich gelobt, was Italien bei den Asylverfahren in Drittstaaten macht. Ist das Albanienmodell ein Vorbild für Deutschland? Werden Sie dieses Thema für Deutschland offensiv vorantreiben?

Eine Frage zum Wirtschaftsbereich: Haben Sie die mögliche Übernahme der Commerzbank durch Unicredit angesprochen, und haben Sie sich klar dagegen ausgesprochen?

Frau Ministerpräsidentin, der Bundeskanzler hat erwähnt, dass er in Kürze nach Washington reisen werde, um den US-Präsidenten zu treffen. Sie haben bekanntlich ein sehr gutes Verhältnis zum US-Präsidenten. Was würden Sie dem Bundeskanzler raten? Wie soll er in Washington auftreten? Was muss er tun, damit er ein ähnlich gutes Verhältnis zu Herrn Trump bekommt wie Sie?

Mich würde auch interessieren, was gerade zu den E3 gesagt wurde. Wollen Sie Teil dieser Gruppe sein, und wären Sie gern mit nach Kyjiw gereist?

Ministerpräsidentin Georgia Meloni: Was die erste Frage betrifft, was ich Bundeskanzler Merz empfehlen würde, sobald er sich nach Amerika begibt und Trump trifft, bin ich nicht wirklich in der Position, darauf antworten zu können. Denn Bundeskanzler Merz ist ein erfahrener Politiker. Auch bin ich kein Psychologe für internationale politische Führer. Ich denke, ein jeder von uns muss vor allem klar sehen, was die eigenen nationalen Interessen sind. Trump ist US-Präsident. Sein Interesse ist es, das amerikanische Interesse zu vertreten. Er akzeptiert die Leader, die die nationalen Interessen verteidigen. So habe ich mich angenähert, und das respektiert er höchstwahrscheinlich. Aber ich denke, Friedrich Merz wird sich ebenso verhalten.

Zu Ihrer zweiten Frage, über das Format: Sprechen Sie über das Format zur Ukraine, oder worüber sprechen Sie?

Zuruf: E3 und die Reise nach Kyjiw!

Ministerpräsidentin Meloni: Dann habe ich die Frage verstanden. Italien ist immer bereit, Teil aller Formate zu sein, die dazu dienen können, die Zukunft Europas zu verbessern. Ich denke, wir sind in einer schwierigen Situation. Daher ist es desto besser, je öfter wir miteinander sprechen. Je offener wir sind und je mehr wir andere nicht ausschließen, desto bessere Antworten können wir auf die Fragen finden, die heute von großer Bedeutung sind. Denn heute werden viele unserer Gewissheiten infrage gestellt. Ich sage den Gesprächspartnern oft, dass wir eine Welt gewohnt sind, in der sich alles in unserer Welt löste. Wenn wir uns mit den Fragen beschäftigen, die uns betreffen, dann haben wir uns auch mit den Fragen beschäftigt, die in der Außenwelt vor sich gehen. Heute ist es nicht mehr so. Heute müssen wir unseren Platz in der Welt verteidigen. Das habe ich auch schon bei anderen Gelegenheiten gesagt. Wir dürfen nicht fragen, was die anderen für uns tun können, sondern müssen fragen, was wir für uns selbst tun können. Aber dazu bedarf es der Mitarbeit aller, vor allem der Gründungsstaaten der Europäischen Union, aber natürlich auch der Mithilfe aller anderen Staaten. Denn nur dann, wenn wir alle Besonderheiten unserer Mitgliedstaaten zusammentragen, können wir wirklich stark werden, und diese unsere Stärke kann die Zukunft des Kontinents Europa garantieren.

Bundeskanzler Merz: Ich will ausdrücklich unterstreichen, was Giorgia Meloni gerade zu diesem Thema gesagt hat. Ich möchte, dass wir so geschlossen wie möglich in dieser Europäischen Union solchen Herausforderungen begegnen wie jetzt dem Krieg in der Ukraine. Alles, was wir hier gemeinsam tun können, das tun wir gemeinsam. Im Übrigen: Das, was wir im E3-Format gemeinsam tun, jetzt unter meiner Beteiligung und Mitwirkung, das kommunizieren wir auch in die Europäische Union hinein. Das wird auch über die Stäbe in sämtliche Hauptstädte weitergegeben, sodass die Mitgliedstaaten darüber informiert sind. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir das auch mit Italien in noch engerer Zusammenarbeit und Kooperation weiterhin tun könnten.

Wir haben nicht über Unicredit gesprochen. Das können wir bei nächster Gelegenheit gern tun. Es gibt aber auch keinen aktuellen Anlass, darüber zu sprechen. Die Beteiligung der Bank an der Commerzbank ist jetzt unterhalb der Schwelle, ab der sie ein Übernahmeangebot unterbreiten müsste. Im Augenblick ist nicht absehbar, dass diese Schwelle erreicht oder gar überschritten wird. Insofern würden wir uns mit diesem Thema gegebenenfalls beschäftigen. Aber die Haltung der Bundesregierung und auch meine persönliche Meinung zu diesem Versuch ist bekannt. Über alles Weitere würden wir dann sprechen, wenn es sich einmal in einem anderen Lichte darstellen sollte.

Was das Drittstaatenthema betrifft, so haben wir in den Koalitionsvertrag aufgenommen, dass wir ein solches Modell prüfen wollen. Wir kennen die Schwierigkeiten, auch die Gerichtsentscheidungen, die es in Italien gegeben hat, etwa mit Blick auf die Kooperation mit Albanien. Aber dies kann natürlich nach wie vor eine Option sein. Das ist sicherlich nicht die Lösung des Problems. Es ist ein Beitrag, um das Problem zu verkleinern, aber es ist nicht die Lösung des Problems. Wir werden in Deutschland prüfen, ob es solche Möglichkeiten gibt.

Insgesamt ist wichtig, dass wir beide uns darüber einig sind, dass wir so eng wie möglich zusammenarbeiten wollen, um vor allen Dingen die europäischen Außengrenzen besser zu schützen. Das wollen wir gemeinsam tun. Ich will es ausdrücklich auch aus der Sicht der Bundesrepublik Deutschland sagen: Wir haben bis auf die Grenzen zur Schweiz – und die Schweiz ist Teil des Schengen-Raumes – keine Außengrenzen der Europäischen Union. Aber die Außengrenzen der Europäischen Union sind auch unsere deutschen Außengrenzen der Europäischen Union. Wir lassen die Mitgliedstaaten, die Außengrenzen haben, mit diesem Problem nicht allein. Wir wollen, dass wir dieses Problem gemeinsam lösen, und Deutschland wird einen Beitrag dazu leisten. Ich habe es eben gesagt und wiederhole es gern: Wir stehen weiteren Vertiefungen in Brüssel nicht im Wege. Im Gegenteil werden wir jetzt auch mit Italien, mit den Niederlanden, mit Dänemark und mit vielen anderen Ländern der Europäischen Union daran arbeiten, dass dieses Problem in unser aller Interesse gelöst wird. Deutschland ist genauso mit in der Verantwortung für alle diejenigen, die formal europäische Außengrenzen haben.

Frage: Einen schönen guten Abend, Frau Ministerpräsidentin! Gestern hat Präsident Macron, als es darum ging, ob Truppen entsandt werden sollen oder nicht, gesagt, dass das eine Falschnachricht sei und es schon genug falsche Nachrichten gebe, die aus Russland kämen. Wollen Sie das kommentieren?

Denken Sie, dass Sie in Zukunft an den Treffen der Koalition der Willigen teilnehmen wollen?

Eine Frage an beide: Wie werden Sie sich bezüglich neuer Maßnahmen in Betreff der Migration absprechen? Wird der Kanzler eventuell mit einem Brief an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einverstanden sein, damit die Urteile in Sachen der Migration in Zukunft anders ausfallen?

Bundeskanzler Merz: Ich habe im Augenblick keine Veranlassung, Gerichtshöfen Briefe zu schreiben. Die Gerichte, die wir in Europa haben, entscheiden in eigener Souveränität und Zuständigkeit. Das haben wir zu respektieren. Wir wollen eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in Europa machen; wir wollen eine deutsche Flüchtlings- und Migrationspolitik machen, die den europäischen Regeln entspricht. Wir haben zurzeit eine Verschärfung der Grenzkontrollen in Deutschland angeordnet. Die sind auch notwendig. Wir halten das für voll und ganz in Übereinstimmung mit europäischem Recht. Wir sprechen darüber mit unseren Nachbarn, und es wird an keiner Stelle über die Köpfe unserer Nachbarn hinweg entschieden. Für den Fall, dass das die Gerichte beschäftigen sollte, gehen wir davon aus, dass dies mit allen Regeln des Europarechts und auch der Europäischen Menschenrechtskonvention im Einklang steht.

Ministerpräsidentin Meloni: Was den Brief betrifft: Der Vorschlag, an dem wir arbeiten, ist kein Brief an den Europäischen Menschengerichtshof, sondern es ist ein Brief an unsere Partner, mit dem wir hinterfragen wollen, welche Rolle die europäischen Konventionen heute, Jahrzehnte, nachdem sie gegründet wurden, spielen, und ob sie noch imstande sind, die Probleme anzugehen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen müssen. Das ist also kein Brief an den Gerichtshof – sonst heißt es morgen, dass wir uns in Sachen einmischen wollen, die eigentlich die Richter angehen. Wir wollen vielmehr nur hinterfragen, ob die Konventionen, an die wir alle gebunden sind, heute, Jahrzehnte nach ihrer Entstehung, noch imstande sind, die Herausforderungen anzugehen, mit denen wir es heute zu tun haben.

Was die Worte von Präsident Macron betrifft, so kann ich einfach nur zur Kenntnis nehmen, dass aus seinen Worten hervorgeht, dass die Truppenentsendung ein Thema ist, das nicht mehr zur Diskussion steht. Ich habe ja schon des Öfteren meine Bedenken zum Ausdruck gebracht, ob eine solche Initiative wirklich effizient sein kann. Dies gilt vor allem heute, wo wir alle an einer anderen Priorität arbeiten, nämlich an einer Waffenruhe und einem Waffenstillstand – eine Priorität, die Hand in Hand geht mit der Notwendigkeit, die Ukraine in ihrer Fähigkeit zu unterstützen, sich zu verteidigen. Sollte es wirklich endlich zu ernsthaften Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine kommen, dann werden Sicherheitsgarantien für die angegriffene Nation sehr wichtig sein. Das sind die Prioritäten, unabhängig von den Formaten. Sobald die Arbeitshypothese der Truppenentsendung nicht mehr auf dem Tisch ist, sind wir natürlich bereit – wie wir es ja schon immer waren –, bei jeglichem westlichen Format dabei zu sein, um das Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine herbeiführen zu können.

Wichtig ist natürlich, dass der Westen geeint bleibt; denn das war ja vom Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine an unsere Stärke. Dabei soll niemand ausgeschlossen werden, und alle sollen die Möglichkeit haben, den eigenen Standpunkt darzustellen. Das war eine Priorität für Italien, und das ist auch heute, in so einer heiklen Phase, notwendig. Man darf das Ganze also nicht nur an den einzelnen Personen festmachen und damit vielleicht die Einheit in Europa untergraben; denn die Einheit ist notwendig und grundlegend, um den Frieden in der Ukraine herbeizuführen.

Danke vielmals Ihnen allen, und auf Wiedersehen! «


Quelle: Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 18. Mai 2025

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