Veröffentlicht am: 10.11.2019 um 07:41 Uhr:

Wirtschaft: Kameras und Rendite

Zum Thema "Kameras als Anlageobjekte" hat Winfried Warnke in seiner Secondhand-Kolumne im fotoMAGAZIN 4/2015 folgendes geschrieben...

» Nachts schlafen Sie schlecht, weil Ihre Ersparnisse nur noch mickrige Zinsen bringen? Ihre risikolosen Festgeldanlagen und die teuren Bundesschatzbriefe bringen Erträge, die selbst unter der Lupe kaum erkennbar sind? Wohlhabende Chinesen machen es anders. Wer das illustre Bieter-Publikum bei der "100 Jahre Leica"-Auktion bei WestLicht in Wien genauer betrachtet hat, staunt über die große Leica-Leidenschaft der Asiaten. Sie waren es, die für bestimmte Leica-Modelle hunderttausende Euro auf den Tisch legten. Man unterstellt, dass die Käufer ihre nächste Familienfeier nicht unbedingt mit diesen Kameras fotografieren wollen und das Geld weiteres Geld riecht, könnte man geneigt sein, auch so clever in wertsteigende Fotoraritäten zu investieren. Für Oldtimer fehlt Ihnen der Platz und antike Kunstwerke passen nicht zu Ihrem Wohnzimmer? Doch mit alten Kameras könnten Sie etwas anfangen, erst recht, wenn sie renditestark sind? Das wird wohl nichts. Mal davon abgesehen, dass auch diese wenigen Top-Raritäten Einstiegskapital von mehreren 10.000, eher 100.0000 Euro aufwärts erfordern, so zeigen dreijährige Analysen-Intervalle, dass nach exorbitanten Preissprüngen genauso schnell wieder erdrutschartige Rückgänge vorkommen. Die Linsen-Rarität Leitz Noctilux 1,2/50 mm brachte es 2012 auf einen sagenhaften Zuschlagspreis von fast 20.000 Euro, weil zwei Bieter es unbedingt haben wollten - 2014 fiel der Preis dann rasant auf 15.000 Euro ab und wird sich wohl wieder bei der Normallinie von 10.000 Euro oder darunter einpendeln. Die Mammer-Rarität, eine schwarz lackierte Leica MP, schoss von gut 100.000 Euro in 2011 und 2012 auf über 400.000 Euro im Jahre 2014, um noch im gleichen Jahr wieder auf 220.000 Euro abzufallen. Ähnliche Preissprünge gibt es auch im 1000- bis 10.000-Euro-Segment. Für fotobegeisterte Anleger, die, mal von den Summen abgesehen, eher risikoscheue Schatzbrief-Anhänger sind, ist das kaum verlockend. Klar, die Geldanlage in Sachwerte hat ihren Reiz. Dieses dingliche Gefühl von Besitz geben Geldscheine so nicht her, Zahlen auf dem Kontoauszug schon gar nicht. Also, geben Sie sich einen Ruck, nehmen Sie von Ihrem Ersparten einen überschaubaren Betrag und investieren Sie in eine kleine Palette Ihrer persönlichen Kamera-Raritäten, vielleicht in Modelle, die Sie sich früher nicht leisten konnten. Wer heute eine hübsche Nikon F, eine (normale) wunderschöne Leica M3 oder die grazile Olympus OM-1 erwirbt und ab und zu damit spielt, bekommt einen nutzbaren Gegenwert mit vermutlich positiver Verzinsung. «


Quelle: fotoMAGAZIN 4/2015