Veröffentlicht am: 01.07.2023 um 13:41 Uhr:
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Auto und Verkehr: Mitschuld trotz Vorfahrt
» So kann ein Autofahrer trotz Vorfahrtsberechtigung bei einem Unfall wegen Mitverschuldens haftbar gemacht werden, wenn er durch ein einfaches Ausweichmanöver die Kollision hätte verhindern können. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ist in diesem Fall verletzt, hat beispielsweise das Oberlandesgericht Celle entschieden (OLG Celle, Az. 14 U 50/17). Jeder Verkehrsteilnehmer hat einen Unfall nach Möglichkeit zu vermeiden.
Gegenseitige Rücksicht nach 81 StVO ist auch in Fällen gefragt, in denen mehrere Verkehrsteilnehmer Vorfahrt haben. Zum Beispiel, wenn sie gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen eine Kreuzung anfahren, an der rechts vor links gilt. Die Pattsituation können die Fahrer nur auflösen, indem sie sich mit Handzeichen einigen, wer zuerst fahren darf. In einer solchen Situation gibt es etwa die Möglichkeit, den linken Nachbarn durchzuwinken. Damit signalisiert man, auf die Vorfahrt zu verzichten und zu warten. Kommt es dabei zu einem Unfall, ist im Einzelfall zu klären, wer wen wie eindeutig vorgelassen hat. Ähnlich verhält es sich, wenn zwei Auto gleichzeitig in den Kreisverkehr einfahren: Jeder muss sich auf das Einbiegen des anderen einstellen und die Geschwindigkeit anpassen. (OLG Düsseldorf, Az. 11 O 410/11)
Selbst eine grüne Ampel entbindet den Autofahrer nicht von seiner Pflicht zur Vorsicht. Straßenbahnen haben zum Beispiel im Stadtverkehr auch dann Vorrang, wenn die Ampel für das die Schienen kreuzende Auto grün zeigt (OLG Hamm, Az. 7 U 36/17).
Der Essnener Rechtsanwalt Florian Fröhlich ist Spezialist für Verkehrsrecht und kommentiert aktuelle Urteile. «
Quelle: acv - Profil - Ausgabe 6/2020