Veröffentlicht am: 05.06.2022 um 11:00 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz

... beim Globalen Covid-19-Gipfel am 12. Mai 2022 als Videostatement:

» Sehr geehrter Präsident Biden
sehr geehrte Vizepräsidentin Harris,
sehr geehrte Mitveranstalterinnen und -veranstalter,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ein bekanntes Zitat lautet „Wahrnehmung ist Wirklichkeit“. Die Covid-19-Pandemie straft dies allerdings Lügen.

In unserer Wahrnehmung mag die Pandemie vorüber sein. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Pandemie in den Schlagzeilen abgelöst. Und nach mehr als zwei langen Jahren sind es die Menschen einfach müde, von Covid zu hören oder zu lesen.

In der rauen Wirklichkeit aber ist die Pandemie keineswegs vorbei! Weltweit sind mehr als 6,2 Millionen Menschen an Covid-19 gestorben. Das entspricht ungefähr der gesamten Bevölkerung Singapurs oder Dänemarks. Und noch immer sterben jeden Tag Menschen daran.

Aktuelle Ausbrüche und neue besorgniserregende Virusvarianten verdeutlichen das Risiko, dass sich die Pandemie noch länger hinzieht. Für viele Länder, insbesondere im Globalen Süden, ist das eine Katastrophe. Denn die Pandemie kommt noch zu anderen schwerwiegenden Herausforderungen wie Lebensmittelknappheit, steigenden Energiepreisen und den Auswirkungen des Klimawandels hinzu. Als Folge davon steigen Schulden und Inflation weltweit rapide an.

Was wird also benötigt? Die kurze Antwort darauf lautet: Geld. Der ACT-Accelerator muss weiterhin oberste Priorität haben.

Deutschland, das derzeit die Präsidentschaft der G7 innehat, will mit gutem Beispiel vorangehen: 2022 leisten wir einen Beitrag von weiteren 1,5 Milliarden US Dollar – womit wir unsere seit 2020 bereitgestellte Unterstützung auf 3,5 Milliarden erhöhen. Außerdem haben wir bereits 145 Millionen Impfdosen gespendet. Vor Kurzem haben wir gemeinsam mit Gavi die Finanzierungskonferenz für Covax ausgerichtet. Dabei wurden insgesamt 4,8 Milliarden US-Dollar eingeworben.

Doch noch immer besteht eine erhebliche Finanzierungslücke, die wir gemeinsam schließen müssen. Aus diesem Grund sind wir heute hier.

Zweitens: Wir müssen anerkennen, dass sich die Wirklichkeit verändert hat. 2021 waren Impfstoffe knapp. 2022 haben wir zwar die Impfstoffe, hinken aber mit den Impfungen hinterher. Deshalb müssen wir Abnahmekapazitäten stärken – insbesondere in Ländern mit schwachen Gesundheitssystemen.

Im Rahmen unserer Initiative für die „letzte Meile“ wird Deutschland 850 Millionen Euro für unsere Partnerländer zur Verfügung stellen – insbesondere in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten.

Drittens: Wir müssen über die derzeitige Krise hinausblicken. Um in Zukunft besser vorbereitet zu sein, müssen wir die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre koordinierende Rolle stärken.

Die gute Nachricht lautet, dass die Arbeitsgruppe der WHO für nachhaltige Finanzierung gerade eine Einigung erzielt hat, um das Programmbudget der WHO auf eine solidere finanzielle Grundlage zu stellen. Dadurch wird die Organisation ihrer wichtigen Arbeit auf wirksamere Weise nachkommen können.

Viertens: Wir brauchen mehr lokale Produktionskapazitäten für Impfstoffe – gegen Covid-19 und längerfristig auch gegen andere Krankheiten wie Malaria oder Ebola.

Deutschland investiert momentan mehr als 500 Millionen Euro, um die lokale Produktion von Impfstoffen und Medikamenten in Afrika auszubauen. Unsere pharmazeutische Industrie hat ihre Zusagen ebenfalls erhöht. Doch wir sind auch auf Ihre fortgesetzte Unterstützung durch Gavi, den Globalen Fonds und andere multilaterale Instrumente angewiesen. Und schließlich brauchen wir auch fortlaufende Förderung, um widerstandsfähige Gesundheitssysteme aufzubauen.

Und genau hier setzt Präsident Bidens Initiative an. Wir unterstützen Ihren Vorschlag, lieber Joe, bei der Weltbank einen neuen Fonds für Pandemievorsorge einzurichten, der in enger Zusammenarbeit mit der WHO verwaltet wird. Und ich freue mich, heute bekanntzugeben, dass Deutschland – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundestags – zunächst 50 Millionen Euro beisteuern wird. Wir freuen uns sehr darauf, diesen Fonds mit Ihnen gemeinsam aufzubauen und ihn zu einer globalen Erfolgsgeschichte zu machen.

Vielen Dank, dass Sie alle heute dabei sind. Gemeinsam können wir diesen Gipfel zu einem Erfolg werden lassen! Durch Taten können wir die Wirklichkeit verändern.

(Diese Rede wurde auf Englisch gehalten und ins Deutsche übersetzt.) «


Quelle: Bulletin 62-1 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 16. Mai 2022

Weitere Artikel zum Thema Bundesregierung, die Sie auch interessieren könnten...

Rede des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil

Rede der Bundesministerin des Auswärtigen, Annalena Baerbock

Rede der Bundesministerin des Auswärtigen, Annalena Baerbock

Rede von Bundeskanzler Scholz

Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz