Veröffentlicht am: 12.06.2022 um 04:44 Uhr:

Bundesregierung: Rede des Bundesministers der Justiz, Dr. Marco Buschmann, zum Haushaltsgesetz 2022

Vor dem Deutschen Bundestag hielt Herr Dr. Marco Buschmann (Bundesminister der Justiz) am 2. Juni 2022 in Berlin folgende Rede:

» Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Nach über drei Monaten hat der schreckliche Angriffskrieg Wladimir Putins gegen die Ukraine nichts von seinem Schrecken verloren. Wir hören jeden Tag von Toten. Wir lesen jeden Tag über Verwundete. Wir bekommen jeden Tag Berichte über die Bombardierung von Städten und die Vernichtung lebensnotwendiger Infrastruktur. Wir hören das jeden Tag, und obwohl wir es jeden Tag hören, dürfen wir uns daran nicht als etwas Alltägliches gewöhnen.

Mit diesen schrecklichen Nachrichten sind auch Nachrichten über Kriegsverbrechen verbunden. Und – man muss es immer wieder sagen – auch Krieg findet nicht im rechtsfreien Raum statt. Es ist die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, das Völkerstrafrecht zu verteidigen. Ich engagiere mich mit meinem Haus und sicherlich auch mit der Rückendeckung dieses ganzen Hauses sehr intensiv dafür. Der Internationale Gerichtshof und der Internationale Strafgerichtshof ermitteln bereits. Wir koordinieren uns international. Wir arbeiten an Änderungen für die Rechtsgrundlagen von Eurojust, um uns in Europa noch besser zu koordinieren.

Wir haben mit dem Generalbundesanwalt eine der Anklagebehörden, die mit zu den ersten gehören, die ein Strukturermittlungsverfahren eingeleitet haben. Und im Gegensatz zu dem Eindruck, der hier versucht wird zu vermitteln, stärken wir mit dem Haushalt 2022 den Generalbundesanwalt. Wir richten zwei neue Referate ein, die den Schwerpunkt haben, in diesem Strukturermittlungsverfahren zu unterstützen. Denn das ist eine Aufgabe, die uns auf Dauer beschäftigen wird, weil es viele Jahre in Anspruch nehmen wird, Hunderttausende von Hinweisen auszuwerten. Ich bin stolz darauf, dass wir es möglich gemacht haben, den Generalbundesanwalt in dieser Weise zu stärken.

Wir hören damit nicht auf, sondern werden uns auch international weiter koordinieren. Ich werde in Kürze in die USA reisen und dort mit meinem amerikanischen Amtskollegen Merrick Garland darüber sprechen, wie wir noch besser, noch koordinierter gemeinsam als internationale Gemeinschaft gegen Kriegsverbrechen vorgehen können. Denn eines sind wir unserer Verantwortung aus der Geschichte schuldig: Nirgendwo dürfen sich Kriegsverbrecher sicher fühlen, erst recht nicht hier in Deutschland.

Wir stärken nicht nur den Generalbundesanwalt, wir stärken auch andere Institutionen, beispielsweise das Bundesamt für Justiz, weil es viele zusätzliche Aufgaben in den letzten Jahren bekommen hat. Wir sorgen dafür, dass sich der Standort konsolidieren kann und die Behörde nicht mehr über das gesamte Stadtgebiet von Bonn verstreut ist.

Wir stärken natürlich auch das Deutsche Patent- und Markenamt. Wir tun das in struktureller Weise, wir tun das mit zusätzlichen Stellen. Wir stärken im Übrigen auch den Standort Jena – das ist übrigens, weil immer wieder so getan wird, kein Liebesdienst –, weil wir es dort schaffen, das hochqualifizierte Personal, das wir brauchen, leichter zu finden. München ist zwar ein fantastischer Standort, aber er ist hochgradig umkämpft, gerade bei technischen Berufen. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir diesen Standort stärken können. Ich bin auch der Stadt Jena und ihrem Oberbürgermeister Thomas Nitzsche dankbar, dass wir dort eine gute Heimat für den zweiten Standort gefunden haben.

Wir bekommen mit diesem Haushalt nicht nur die Zuständigkeit für den Normenkontrollrat. Ich möchte das hier einmal sagen: Ich bedanke mich bei allen ernannten Mitgliedern für ihre wichtige Arbeit. Wenn hier so getan wird, als sei diese Arbeit dadurch weniger wichtig, dass jetzt wir uns anstelle des Bundeskanzleramtes um sie kümmern, möchte ich mich ein Stück weit dafür entschuldigen und den Mitgliedern des Normenkontrollrates sagen: Ihre Arbeit ist wichtig, sie bleibt wichtig, sie ist unverzichtbar. Wir wertschätzen sie.

Wir werden darüber hinaus auch die Stiftung Datenschutz im Geschäftsbereich des BMJ willkommen heißen. Datenschutz ist ein wichtiges Element in der modernen digitalen Gesellschaft. Ich betrachte es als ein Stück Stärkung, dass wir auch die finanzielle Grundlage dieser Stiftung gestärkt haben. Das ist ein gutes Signal für den Datenschutz.

Ich bedanke mich auch für die Bewilligung der Mittel für eine Überwachungsgesamtrechnung; denn dahinter steckt ja eine Philosophie. Dahinter steckt die Philosophie, dass der Staat, wenn er in die Rechte der Bürger eingreift, begründungspflichtig ist und dafür keine Mutmaßungen reichen. Vielmehr muss das wissenschaftlich fundiert und evidenzbasiert erfolgen. Auch das ist ein gutes Signal für den Geschäftsbereich des BMJ.

In diesem Zusammenhang möchte ich zwei Dinge sagen; es wundert mich, dass das hier noch nicht gesagt wurde. Heute Morgen wurde in der Debatte über den Innenhaushalt ja so getan, als gäbe es große Probleme und große Zwistigkeiten innerhalb der Koalition, beispielsweise bei der Bekämpfung von Kinderpornografie. Davon habe ich jetzt gar nichts gehört. Also, irgendwie sagt die Union es mal so und mal so. Aber dazu möchte ich Ihnen zwei Dinge sagen. Wer tatsächlich Advokatur für eine Chatkontrolle übernimmt, vergreift sich an der Privatsphäre von Millionen von Menschen. Der Deutsche Kinderschutzbund sagt: Das ist ein unvernünftiges Instrument. Der Deutsche Kinderverein sagt sogar, das Kindeswohl werde vorgeschoben, um dieses Instrument durchzusetzen. Reihen Sie sich ein in die geschlossene Phalanx der Ampelkoalition! Chatkontrollen haben im Rechtsstaat nichts verloren. Alle reden über Cybersicherheit, und dann sollen wir hier Sicherheitslücken aufmachen.

Einen letzten Gedanken – dann komme ich auch zum Schluss, Frau Präsidentin –: Das eben Gesagte gilt auch für die Vorratsdatenspeicherung, die Sie heute Morgen wieder erwähnt haben. Seit über zehn Jahren ist die Antwort auf alle Fragen der Union nicht 42, sondern die Vorratsdatenspeicherung. Organisierte Kriminalität: Vorratsdatenspeicherung. Terrorismus: Vorratsdatenspeicherung. Jetzt wieder: Vorratsdatenspeicherung. Sie tun immer so, als würden wir den Ermittlern etwas wegnehmen. Aber spätestens seit 2017 gibt es keine Vorratsdatenspeicherung mehr. Sie wird nicht angewendet. Wir führen Instrumente ein, die dieses Nichts durch ein Etwas ersetzen: Wir stärken Freiheit und damit auch Sicherheit.

Herzlichen Dank. «


Quelle: Bulletin 73-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 3. Juni 2022

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