Veröffentlicht am: 12.06.2022 um 06:50 Uhr:

Bundesregierung: Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, zum Haushaltsgesetz 2022

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, hat vor dem Deutschen Bundestag am 2. Juni 2022 in Berlin folgende Rede gehalten:

» Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Der Politikwissenschaftler Peter Graf von Kielmansegg hat Demokratien mal eine „eklatante Zukunftsschwäche“ attestiert. Aber er hat auch festgestellt, dass sie die besten Chancen haben, einen fairen Ausgleich zwischen Gegenwart und Zukunft zu schaffen – wenn sie sich als lernfähig erweisen. Diese Lernfähigkeit brauchen wir gerade auch im Bereich der Agrarpolitik.

Die Liste der Herausforderungen ist lang – Sie kennen sie –: Höfesterben, Dürren und Überschwemmungen als Zeichen der Klimakrise, Artensterben, Übernutzung von Böden und Tieren und schließlich der zusätzliche Kostendruck infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Es ist offenkundig, dass wir Veränderungen brauchen, gerade weil Landwirtschaft von existenzieller Bedeutung für uns alle ist. Dabei braucht es die Bereitschaft zum Kompromiss und natürlich auch pragmatische Lösungen. Dieser Haushalt ist dafür ein gutes Beispiel. Wir verbinden Planungssicherheit in der agrosozialen Sicherung auf der einen Seite mit neuen Ideen im Ökolandbau auf der anderen Seite. Wir investieren in Forschung, in die Entwicklung und in die Digitalisierung, die übrigens unglaublich spannende Chancen eröffnet.

Ich möchte Ihnen an der Stelle ausdrücklich dafür danken, dass Sie die 60 Millionen Euro aus der EU-Krisenreserve um 120 Millionen Euro erhöht haben. Wir wollen diese 180 Millionen Euro zielgerichtet, schnell und vor allem unbürokratisch auf unsere Höfe bringen.

Wir wollen die übermäßig von steigenden Energiepreisen betroffenen Gartenbaubetriebe, den Obst- und Weinanbau sowie die Tierhaltungsbetriebe gezielt entlasten. Das gilt übrigens auch für die Fischerei, für die Sie in der Bereinigungssitzung zehn Millionen Euro ermöglicht haben – eine dringend notwendige Unterstützung. Auch dafür danke ich Ihnen.

Die sich zurzeit überlagernden Krisen zeigen aber auch, wie dringend und wie notwendig die Transformation unserer Landwirtschaft ist. Unsere Politik muss Ernährung sichern, und sie muss gleichzeitig dem Erhalt der Höfe dienen. Sie muss zugleich Klima, Böden, Arten schützen, um sie überhaupt noch nutzen zu können. All diese Aspekte bedingen sich gegenseitig. Wir können das eine nicht ohne das andere haben.

An der Stelle dachte ich, ehrlich gesagt, beim Zuhören, liebe Kollegen – das richtet sich jetzt vor allem an Sie von der Union –, dass wir im Deutschen Bundestag eigentlich schon mal weiter waren, was den Konsens bezüglich der Analyse der Krisen angeht. Über die Wege aus der Krise können wir uns gerne streiten. Das ist normal in der Demokratie; das ist auch die Aufgabe der Opposition. Aber wenn Sie jetzt aufkündigen, dass wir uns in Deutschland bei der Analyse der Klimakrise und des Artensterbens einig sind, dann fände ich das sehr bedauerlich, weil das das Arbeiten in dieser Republik künftig nicht leichter machen wird. Sie, ich und wir alle hier stehen gemeinsam in der Verantwortung, dass wir dem auch tatsächlich gerecht werden. Denn nur so schaffen wir einen fairen Ausgleich zwischen der Gegenwart und der Zukunft. Auch der nächste Haushalt wird dafür sicherlich ein Gradmesser sein.

Vielen Dank. «


Quelle: Bulletin 73-5 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 3. Juni 2022

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