Veröffentlicht am: 10.03.2023 um 16:55 Uhr:

Bundesregierung: Rede des Bundesministers für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, zur Förderung bezahlbarer und klimafreundlicher Mobilität

Am 9. Februar 2023 hat der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, nachfolgende Rede zur Förderung bezahlbarer und klimafreundlicher Mobilität vor dem Deutschen Bundestag in Berlin gehalten...

» Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bereits jeder zweite Pkw, der im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassen wurde, hatte einen alternativen Antrieb. Das zeigt: Die Menschen steigen um, immer mehr, und das macht Mut. Eine weitere Tatsache macht ebenfalls Mut, nämlich dass die deutsche Automobilindustrie zunehmend Elektrofahrzeuge auf den Markt bringt, die mit Reichweite und Praxistauglichkeit überzeugen. Dahinter steckt ein gewaltiger Kraftakt, ein Kraftakt, der nicht nur von Konzernmanagern aus Auto- und Zulieferindustrie zu stemmen ist, sondern vor allen Dingen auch von Hunderttausenden Menschen, die in dieser Branche arbeiten, die dort ihr Geld verdienen und Steuern zahlen, Steuern, mit denen wir unseren Sozialstaat und dringend notwendige Investitionen, auch Investitionen in den Klimaschutz, finanzieren. Es liegt daher in unser aller Interesse, dass die deutsche Automobilindustrie bei diesem gewaltigen Wandel erfolgreich ist.

Klar ist: Vorschriften und Regularien, die den Erfolg ausbremsen, können wir uns nicht erlauben. So, wie die neue Abgasnorm Euro 7 im Augenblick geplant ist, würde sie vor allen Dingen Kleinwagen überproportional verteuern, und das halte ich nicht für eine gute Idee. Zudem würde sie gewaltige Ressourcen und finanzielle Mittel binden, die dann in der Folge bei der Weiterentwicklung emissionsfreier Mobilität fehlen würden. Das kann niemand ernsthaft wollen.

Es ist widersprüchlich, wenn die EU-Kommission einerseits die Einhaltung hoher Klimaschutzziele fordert, andererseits aber das Erreichen dieser Ziele durch überambitionierte Regulierung erschwert. Daher steht für mich fest: Bei Euro 7 müssen wir noch mal ganz grundsätzlich ran. Das Ergebnis darf weder Arbeitsplätze gefährden, noch darf es dazu führen, dass Mobilität zum Luxusgut wird.

Wir haben ja jetzt auch schon einiges zu E-Fuels gehört. Ich fand es bemerkenswert, dass der Kollege Riexinger die entscheidende Frage, warum er Angst vor E-Fuels hat, nicht beantwortet hat. Ich kann das auch nicht ganz nachvollziehen; denn eine technologische Lösung offenzuhalten, ist ja kein Risiko, sondern eine Chance. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass E-Fuels nicht nur für die Bestandsflotte, sondern auch für Neuwagen in Zukunft zugelassen werden.

Interessant fand ich auch Ihre Ausführungen, Herr Kollege Bilger, als Sie gesagt haben, die Bundesregierung müsse sich gegen die Pläne der EU-Kommission stellen, und dabei eine ganze Reihe von Personen aufgezählt haben, die Sie auffordern, etwas für Technologieoffenheit, für E-Fuels, für die deutsche Automobilindustrie zu tun. Eine Person haben Sie vergessen: die Kommissionspräsidentin. Frau von der Leyen spielt ja keine untergeordnete Rolle bei der ganzen Sache. Deswegen haben wir hier auch gegenwärtig einen Konflikt. Die EU-Kommission hatte ja zugesagt, einen Vorschlag zu machen, um Verbrennungsmotoren nach 2035 noch zulassen zu können, wenn sie nachweislich nur mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden können. Deswegen ist ausgerechnet die Person besonders gefordert, die Sie in Ihrer Liste nicht aufgeführt haben.

Wir brauchen synthetische Kraftstoffe für die Bestandsflotte. Im Jahr 2045 wird noch jedes zweite Auto in Deutschland mit einem Verbrennungsmotor fahren. Ich bin erstaunt: Wir wollen im Jahr 2045 klimaneutral sein; aber niemand außer uns macht einen Vorschlag, wie wir das machen sollen. Wie wollen Sie denn, wenn jedes zweite Auto einen Verbrennungsmotor hat, klimaneutrale Mobilität erreichen, wenn Sie nicht klimaneutrale Kraftstoffe zur Verfügung stellen?

Sicherlich geht es da auch um die Kostendiskussion. Natürlich muss man sich auch über die Kosten dieser Kraftstoffe unterhalten; das ist richtig. Aber es ist ja nicht so, dass batterieelektrische Fahrzeuge günstiger wären als solche mit Verbrennungsmotoren. Wir müssen die Kostenfrage im Blick haben, sowohl bei den Elektrofahrzeugen als auch bei synthetischen Kraftstoffen. Aber das darf uns doch nicht, Herr Kollege Riexinger, davon abhalten, Klimaschutzziele einzuhalten. Deswegen macht es keinen Sinn, zu sagen: Ich akzeptiere, dass 2045 jedes zweite Auto in Deutschland mit einem Verbrennungsmotor herumfährt, kümmere mich aber nicht darum, dass wir klimaneutrale Kraftstoffe dafür haben. – Das ist nicht überzeugend.

Die Haltung der Bundesregierung ist klar. Wir haben immer gesagt: Wir unterstützen auch Kompromisse auf europäischer Ebene. Jetzt brauchen wir eine Antwort auf die Frage: Wie geht es nach 2035 weiter mit dem Verbrennungsmotor, wenn er mit synthetischem Kraftstoff betrieben wird? Diese Frage ist nicht beantwortet, obwohl die EU-Kommission sie beantworten wollte.

Ich will an dieser Stelle betonen: Die Bundesregierung ist in diesem Punkt sehr verlässlich. Wir haben das im vergangenen November bei der EU-Kommission deutlich angesprochen. Wir waren sogar so konstruktiv, dass wir gesagt haben: Wir halten das Verfahren jetzt nicht auf. Aber wir waren natürlich schon mit der Erwartung gestartet, dass die Zusage, einen Vorschlag zu machen, wie das nach 2035 funktioniert, nicht in die Schublade gelegt wird, sondern dass das abgearbeitet wird. Insofern haben die EU-Kommission und ihre Präsidentin, Herr Kollege Bilger, jetzt noch einiges zu tun.

Vielen Dank. «


Quelle: Bulletin 27-2 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 6. März 2023

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