Veröffentlicht am: 18.08.2023 um 23:23 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz eingangs der Befragung der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag

Eingangs der Befragung der Bundesregierung vor dem Deutschen Bundestag hat Bundeskanzler Olaf Scholz am 5. Juli 2023 folgende Rede in Berlin gehalten...

» Frau Präsidentin!
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst mal möchte ich mich bei Ihnen allen bedanken für die Arbeit, die Sie das ganze Jahr über bisher geleistet haben. Noch sind wir nicht ganz in der Sommerpause angekommen. Diese Sitzungswoche wird noch mit vielen, vielen Entscheidungen verbunden sein –, aber ich weiß, dass viele Dinge, die wir hier auf den Weg gebracht haben und die Gesetzgebung werden mussten, hier verhandelt worden sind und noch verhandelt werden. Danke dafür!

Im Übrigen spiegelt die viele Arbeit ja auch wider, was notwendig ist, um unser Land zu modernisieren, um dafür zu sorgen, dass wir auch in zehn, zwanzig, dreißig Jahren noch gute Arbeitsplätze haben, dass wir es schaffen, den menschengemachten Klimawandel aufzuhalten und vorne dabei zu sein, wenn es etwa um Digitalisierung geht und moderne Produktion von Halbleitern zum Beispiel.

Alles das haben wir möglich gemacht, und das spiegelt sich auch in dem Haushalt wider, den wir heute als Bundesregierung als Entwurf beschlossen haben und dem Bundestag zugeleitet haben. Er hat Prioritäten, die offensichtlich sind.

Zuallererst geht es um die Sicherheit unseres Landes. Der russische Angriffskrieg ist eine Zeitenwende, weil die Sicherheitsarchitektur Europas dadurch unmittelbar bedroht ist. Sie hat viele Konsequenzen mit sich gebracht, zum Beispiel, dass wir viele Mittel aufwenden, um die Ukraine zu unterstützen, finanziell, humanitär, aber auch mit Waffenlieferungen, und das muss finanziert werden – bisher, aber auch für die Zukunft. Denn niemand kann vorhersagen, wie lange dieser Krieg noch dauert, und wir müssen dann diese Aufgabe auch schultern.

Aber ganz besonders gilt das natürlich auch im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Bundeswehr zu stärken. Das haben wir mit einem Sondervermögen möglich gemacht, das der Bundestag hier mit verfassungsändernder Mehrheit auf den Weg gebracht hat und das jetzt ganz zügig ausgegeben wird, damit die Bundeswehr schnell gestärkt werden kann.

Perspektivisch – auch das spiegelt dieser Haushalt schon wider – wird es so sein, dass wir dann diese Aufgaben laufend aus den Mitteln des Bundeshaushaltes finanzieren müssen, und auch darauf sind wir vorbereitet. Auch das ergibt sich aus dem Haushaltsentwurf, über den wir dann sorgfältig mit Ihnen diskutieren können.

Aber Sicherheit ist eine große Herausforderung, und natürlich bedeutet das auch Herausforderungen für den gesamten übrigen Haushalt; denn diese Aufgaben sind ja alle dazugekommen. Wäre das nicht so, wäre manches viel einfacher zu händeln. Aber es ist notwendig, dass wir uns dieser Aufgabe stellen und dass wir das Notwendige für die Sicherheit unseres Landes, für die Ausstattung der Bundeswehr, für die Stärke der Allianz, der Nato, tun, und das tun wir.

Die zweite Priorität – ich habe es eben schon bei meinen Eingangsworten gesagt – ist: Wir müssen dafür sorgen, dass wir ein erfolgreiches Industrieland bleiben mit modernen, auch neu aufzubauenden und zu entwickelnden Industrien, dass wir 2045 CO2-neutral wirtschaften. Das geschieht mit einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien, offshore und onshore, mit dem Ausbau der Solarenergie, mit dem Ausbau unserer Übertragungsnetze, der Verteilnetze, mit dem Aufbau von Ladeinfrastruktur, mit dem Startschuss für ein Wasserstoffnetz, mit den Entscheidungen für neue Kraftwerke, die das gesamte Stromnetz ergänzen werden als Wasserstoff-ready, mit Gaskraftwerken, mit der Entscheidung, dafür Sorge zu tragen, dass Investitionen in der Industrie stattfinden, um auf andere Weise Stahl zu produzieren, Chemie zu machen, Zement herzustellen und auch etwa die Elektromobilität voranzutreiben.

Alles das machen wir in großem Umfang, und das spiegelt sich in diesem Haushalt auch wider. Ich will das gern noch mal ergänzen im Hinblick auf die notwendigen Investitionen in unserem Land. Weltweit haben viele verstanden, dass wir resilienter werden müssen und dass es deshalb auch bestimmte Industrien gibt, die notwendigerweise bei uns angesiedelt sein sollten – in Europa und eben auch in Deutschland. Dass wir jetzt einen Trend haben, Halbleiterindustrieinvestitionen in Europa und ganz besonders in Deutschland zu tätigen, ist eine gute Sache, die wir auch unterstützen. Es geht um die Investitionen, die wir im Saarland, in Sachsen und in Sachsen-Anhalt haben. Viele, viele Halbleiterfabriken werden in Deutschland entstehen. Das ist eine gute Botschaft in einer Zeit, in der manche nicht sicher sind: Wie geht es voran mit unserem Industrieland? – Doch, das passiert, und dafür sorgen wir.

Die dritte Bemerkung, die ich in diesem Zusammenhang gerne machen möchte, ist, dass wir für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft sorgen, dass wir alles Notwendige tun, dass alle zurechtkommen können, dass jeder sich gesehen fühlt und dass jeder weiß, es geht auch um ihn selbst. Wir haben das gemacht mit erheblichen Steuererleichterungen gerade für kleine und mittlere Einkommen, zum Beispiel mit einer Entscheidung, dass die Rentenbeiträge nicht mehr vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden, mit Entlastungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen für diejenigen, die weniger als 2.000 Euro verdienen.

Und wir haben es gemacht mit sozialpolitischen Reformen wie dem Bürgergeld und dem Wohngeld, das jetzt Erwerbstätigen, die geringe Einkommen haben, und Rentnerinnen und Rentnern viel mehr Unterstützung gewährleisten kann, mit der Kindergelderhöhung für das erste, zweite, dritte Kind, dem Kinderzuschuss und dann auch natürlich in Fragen der Mobilität mit Maßnahmen wie dem Deutschlandticket, das jetzt überall zur Verfügung steht.

Also, wir haben aktiv etwas für Zusammenhalt getan und werden das auch weiter tun. Deshalb gehört zu den Vorhaben, die wir haben, zum Beispiel auch, dass wir jetzt alles dafür tun, die Kindergrundsicherung nach dem ersten Schritt mit dem Kindergeld und dem Kinderzuschlag zu vervollständigen. Die Regierung wird die entsprechenden Entwürfe sehr frühzeitig und rechtzeitig bis Ende August fertigstellen, sodass die Reform dann Anfang 2025 in Kraft treten kann. Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben, aber ein Vorhaben, das für Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft sorgen kann.

Man sieht also: Sicherheit, wirtschaftlicher Wohlstand und industriepolitische Zukunftsfähigkeit, Klimaneutralität und Zusammenhalt, das sind die wichtigsten Merkmale eines Haushaltes, der natürlich dadurch herausgefordert ist, dass sich in den letzten Jahren viele auch an die großen Dimensionen gewöhnt haben, die mit den Maßnahmen im Hinblick auf die Bekämpfung der Covid19-Pandemie und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Folgen, aber auch mit den Maßnahmen zur Abfederung der Konsequenzen des russischen Krieges gegen die Ukraine in unserem Land verbunden sind – ob es nun der Bau neuer LNG-Terminals ist, ob es die Subventionierung von durch den Weltmarkt sonst viel zu hohen Gas- und Energiepreisen ist. Alles das haben wir gemacht, und das ist eine große Herausforderung gewesen. Es hatte niemand unserem Land zugetraut, dass wir es schaffen, sicher durch den letzten Winter zu kommen.

Aber es ist jetzt auch klar, dass wir nun wieder Haushalte aufstellen werden, die nicht mit zusätzlichen kreditfinanzierten Mitteln versuchen, Krisen zu bekämpfen, sondern die sich ganz konkret auf die Zukunft unseres Landes ausrichten. Und das ist der Bundeshaushalt, den wir jetzt vorgelegt haben. «


Quelle: Bulletin 78-1 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 6. Juli 2023

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