Foto-Recht

Dürfen Unfallfotos ohne Erlaubnis der Abgebildeten veröffentlicht werden?

Der Hamburger Rechtsanwalt Helmuth Jipp gab im fotoMAGAZIN 09/1994 Auskunft über das Recht am eigenen Bild

Ein Fotograf macht Aufnahmen eines Autounfalls. Unter seinen Bildern ist eine Aufnahme, die den verletzten Unfallverursacher zeigt. Als dieses Bild am folgenden Tag in der Lokalzeitung veröffentlicht wird, beschwert sich die Mutter des Verkehrssünders bei der Redaktion. Sie argumentiert, dass ihr Sohn kein Prominenter sei, den man öffentlich zur Schau stellen dürfe. Jetzt droht die erzürnte Frau mit rechtlichen Schritten gegen die Zeitung.

Die Reaktion der Mutter ist verständlich, aber rechtlich unerheblich. Ihr Sohn ist volljährig und muss seine Rechte selbst – oder durch seinen Anwalt – geltend machen.
Bekanntlich verfügt jeder selbst über sein "Recht am eigenen Bild". Die Redaktion hätte also den jungen Mann vor der Veröffentlichung um Einwilligung bitten müssen. Es sei denn, durch den Unfall wäre er zu einer "relativen Peron der Zeitgeschichte" geworden. Davon kann aber nur bei einem schweren Unfall mit tödlichen Folgen oder erheblichen Verletzungen von mehreren Personen die Rede sein. In einem solchen Fall überwiegt das Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Bei Fotos von Unfallopfern, die unverschuldet in einen Unfall verwickelt wurden, ist die Rechtslage anders. Hier hat der Schutz der Betroffenen Vorrang vor dem Informationsinteresse.
Auch das Bild eine (Unfall-)Toten ist durch das Gesetz geschützt. Es darf grundsätzlich nur mit Einwilligung seiner Angehörigen veröffentlicht werden.
Teuer kann es für eine Zeitung werden, wenn sie nach einem schweren Verkehrsunfall einen unbeteiligten Zeugen so abbildet, dass beim unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, er habe mit der Verursachung des Unfalls zu tun. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einer vergleichbaren Situation dem derart in Misskredit Gezogenen ein Schmerzensgeld von DM 3.000,- zugesprochen.

Quelle: fotoMagazin 09/1994