Foto-Recht

Nachahmer

Bekannte Motive nachstellen. Die vier Beatles laufen über den Zebrastreifen der Abbey Road. Unzählige Male wurde dieses Motiv nachgestellt.

Ob nun von pilzkopffanatischen London-Touristen oder vermeintlich einfallsreichen Musikfotografen - selbst die Simpsons durften schon die weltberühmte Pose der Beatles imitieren. Dabei kann bei der Nachstellung bekannter Motive bereits bestehender Fotografien das Urheberrecht des Originalfotografen betroffen sein. Grundsätzlich geschützt ist zwar nur die konkrete Form der Gestaltung, nicht die Idee und auch nicht der Stil. Dennoch kann in bestimmten Fällen bei nachgestellten Fotos eine genehmigungspflichtige Bearbeitung vorliegen. Zulässig hingegen ist es, sich nur von bestehenden Werken inspirieren zu lassen und die Idee dann selbst im Rahmen einer freien Benutzung des fremden Werkes mit eigenen Gestaltungsmerkmalen umzusetzen.
Es ist zu unterscheiden zwischen arrangierten, in Szene gesetzten Motiven einerseits und real existierenden Objekten, wie insbesondere Bauwerken oder Landschaften, andererseits.
Gerade bei inszenierten Fotos kann bereits durch die gezielte Anordnung des Motivs ein Schutz für die Gestaltungsform entstehen. Dann darf das Motiv auch nicht durch ein neu geschaffenes Foto nachgestellt werden. Im Interesse der Kunstfreiheit ist aber ein strenger Maßstab an die Schutzfähigkeit anzulegen. Nicht bereits eine Gestaltungsidee, sondern nur die ganz konkrete Umsetzungsform kann geschützt werden.
Bei der Abbildung bestehender Motive wird ein Schutz vor Nachstellungen nur unter noch erheblich engeren Voraussetzungen in Betracht kommen. Auch dies ist aber nicht völlig ausgeschlossen. Denkbar sind Fälle, in denen ein Bild insbesondere durch den konkret gewählten Blickwinkel, die Lichtverhältnisse zu einer bestimmten Tages- oder Nachtzeit oder sonstige vom Fotografen in ihrer Gesamtheit gewählten Stilmittel erst seine kreative Eigenart erhält. Die Nachstellung des Motivs mit genau denselben Stilmitteln kann dann durchaus eine unfreie und somit genehmigungspflichtige Bearbeitung sein. Möglich, und gerade bei berühmten Bauwerken sicher nicht selten, sind so genannte Doppelschöpfungen. Wer also zufällig ein ihm nicht bekanntes bereits bestehendes Foto "nachstellt" verletzt keine fremden Urheberrechte.

Fazit

Es gilt also der Grundsatz, dass ein Motiv grundsätzlich mit eigenen fotografischen Mitteln ohne weiteres nachgestellt werden darf. Ein Monopol für bestimmte Motive darf und kann es nicht geben. Bei besonders kreativ erstellten Fotos, insbesondere inszenierten Darstellungen, kann aber die gewählte Gestaltungsform in ihrer ganz konkreten Art geschützt sein. Dann bedarf die Nachstellung der Zustimmung des Originalfotografen.

Mathias Straub - Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Musik-, Urheber- und Medienrecht bei Riegger Rechtsanwälte in Ludwigsburg.

Quelle: ColorFoto 05/2010