Foto-Recht

Stückwerk oder Werkstück

Stefan Raabs "TV Total" und "Kalkofes Mattscheibe" sind nur zwei berühmte Beispiele für die erfolgreiche Resteverwertung fremder Sendungen. Oft stellt sich daher die Frage, in welchen Fällen fremde Ausschnitte in die eigene Videoproduktion integriert werden dürfen. Unter bestimmten Voraussetzungen darf man sich sogar ungefragt an den Vorlagen anderer bedienen.

Zulässig ist es, Ausschnitte fremder Werke, die als Fremdkörper erkennbar sind, in das eigene Werk als Zitat einzufügen. Dies ist aber an enge Voraussetzungen geknüpft. Erforderlich, aber keineswegs ausreichend ist es, die Quelle zu benennen. Zudem muss stets ein Zitatzweck vorliegen. Der fremde Werkausschnitt muss als Beleg für eigene Ausführungen dienen und darf nicht lediglich eigene Darstellungen ersetzen. Eigentlich typischer Anwendungsfall für das Zitatrecht ist daher auch beispielsweise die Doktorarbeit über Kunstgeschichte, in der Ausschnitte berühmter Gemälde ohne Zustimmung des Malers abgedruckt werden, wenn dies zum Zwecke der Bezugnahme erforderlich ist. Dies hinderte aber natürlich Stefan Raab nicht daran, sich auch zur Rechtfertigung seiner - ungenehmigten - Schnipselverwendung genau auf dieses Zitatrecht zu berufen. Mit wenig Erfolg jedoch. Es fehle die inhaltliche Auseinandersetzung und die Erforderlichkeit (Zitatzweck) für die Einfügung des fremden Materials. Ausreichend ist nicht, dieses nur in Form einer Moderation zu kommentieren. Letztlich dienen die fremden Schnipsel nur zur Ausschmückung der eigenen Sendung, so der Bundesgerichtshof im konkreten Fall von "TV Total".

Auf einen anderen Ausnahmetatbestand, die zulässige freie Benutzung, stützte sich mit mehr Erfolg Oliver Kalkofe mit seiner "Mattscheibe". Eine nach dem Urheberrecht zustimmungslose freie Benutzung liegt stets dann vor, wenn sich der Schöpfer eines neuen eigenen Werkes bei der Schaffung seines Werkes nur von vorbestehenden Werken, wenn auch deutlich erkennbar, inspirieren lässt. Dabei darf auch das als Vorlage benutze Originalwerk noch durchschimmern, der Benutzer muss aber durch die Schaffung seines eigenen Werkes einen Abstand herstellen, der dazu führt, dass das vorbestehende Werk in dem neu geschaffenen Werk gewissermaßen verblasst. Im Falle von "Kalkofes Mattscheibe", einer Sendung in der der Protagonist in verschiedene Rollen aus ausschnittweise wiedergegebenen Fernsehsendungen schlüpft, sahen die befassten Richter diese Anforderung als erfüllt an. Ausschlaggebend hierfür war wohl der durchgehend medienkritische und satirische Umgang mit den ungefragt entnommenen Vorlagen. Schließlich ist es zulässig, fremde Werke als Bestandteil des eigenen Werkes zu verwenden, wenn diese dadurch nicht im eigentlichen Fokus der Aufmerksamkeit stehen, sondern nur unwesentliches Beiwerk sind. Paradebeispiel hierfür ist der im Hintergrund laufende Fernseher in einer Filmaufnahme oder auch im Hintergrund hörbare Musik. Doch auch hier sind die Grenzen des Zulässigen schnell erreicht. Wird dieser Hintergrund bewusst inszeniert oder in irgendeiner Weise in das eigentliche Geschehen mit einbezogen, ist die Grenze in der Regel bereits überschritten. Unwesentliches Beiwerk liegt nur vor, wenn ohne Einfluss auf den Gesamteindruck der Hintergrund ohne weiteres verändert werden könnte.

Fazit
Insgesamt ist festzuhalten, dass all diese Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind. In der Praxis sind die Voraussetzungen daher eher selten vollständig erfüllt.

Mathias Straub ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei Riegger Rechtsanwälte in Ludwigsburg.

Quelle: ColorFoto 10/2011