Foto-Recht

Wer hat das Urheberrecht

Sando Zwiesele arbeitet seit Jahren ehrenamtlich im Kunstarchiv des Klosters Beuron und fotografiert Kunstwerke aus der Epoche der Beuroner Kunstschule, damit diese per Verwaltungsprogramm dokumentiert sind. Schriftliche Vereinbarungen und finanzielle Unterstützung des Klosters hat er dafür nie erhalten. Mit seiner Ausrüstung hat er einige tausend Objektaufnahmen in hoher Auflösung gemacht und bisher nur teilweise bearbeitet. Nun musste er das ehrenamtliche Engagement beenden, da unüberbrückbare Auseinandersetzungen mit dem zuständigen Kustos des Klosters entstanden sind.

Klar ist ihm, dass der Eigentümer der Kunstobjekte ein Urheberrecht hat und die Aufnahmen deshalb nicht ohne Erlaubnis für kommerzielle Zwecke oder für Publikationen verwendet werden dürfen. Das ist auch gar nicht seine Absicht. Doch stellt sich die Frage, ob das Kloster ihn zur Herausgabe der unbearbeiteten (und bearbeiteten) Aufnahmen zwingen kann.

Antwort Mathias Straub:

Zunächst ist es wichtig, zwischen dem Urheberrecht am fotografierten Kunstwerk und dem Urheberrecht an dem Foto selbst zu unterscheiden. Wenn die Urheber der Kunstwerke bereits seit über 70 Jahren verstorben sind, dann sind auch die Urheberrechte an diesen Werken erloschen. Aber auch wenn Urheberrechte noch bestehen, macht der Besitz oder das Eigentum eines Kunstwerks den Besitzer oder Eigentümer nicht zum Urheber und verschafft ihm auch kein Urheberrecht. Das Urheberrecht an den Fotos der Kunstwerke gebührt hingegen dem Fotografen. Hierbei kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob ihm auch die Ausrüstung gehört, mit der die Fotos erstellt wurden.

Ob und in welchem Umfang das Kloster berechtigt ist, die Fotos zu verwenden oder gar Herausgabe zu verlangen, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Kloster und Fotograf ab. Auch wenn keine schriftliche Vereinbarung existiert, können mündlich oder sogar stillschweigend bestimmte Vereinbarungen getroffen sein. Insbesondere falls - wie aber hier offenbar nicht - eine Vergütung für die Erstellung der Fotos bezahlt würde, könnte hieraus im Gegenzug eine Verpflichtung zur Einräumung von Verwertungsrechten und möglicherweise auch zur Herausgabe der Aufnahmen bestehen. Dazu müsste aber das Kloster konkret nachweisen, dass eine solche Vereinbarung besteht. Tendenziell gilt nämlich, auch im Falle fehlender oder unklarer Vereinbarungen, dass dem Urheber seine Rechte verbleiben, wenn er nicht ausdrücklich hierüber verfügt. Ebenso verbleibt in der Regel das Eigentum an den Aufnahmen beim Urheber. Somit besteht, wenn nicht klare anders lautende Vereinbarungen der Zusammenarbeit zugrunde lagen, kein Recht des Klosters auf Verwertung der Bilder und auch kein Anspruch auf Herausgabe weiterer bearbeiteter oder unbearbeiteter Aufnahmen.

Diese Einschätzung erfolgt auf Basis der mir vorliegenden Informationen und ist keine abschließende und eindeutige Empfehlung. Für eine konkrete Bewertung Ihres Einzelfalles müsste eine Prüfung des gesamten Sachverhaltes erfolgen.

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Mathias Straub ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei Riegger Rechtsanwälte in Ludwigsburg.

Quelle: ColorFoto 01/2012