Foto-Recht

Glaspalast und Panoramafreiheit

Renzo Dohm aus Frankfurt am Main wollte den Frankfurter Messeturm fotografieren und berichtet von einem merkwürdigen Zwischenfall: Als ich fotografierte, kam ein Pförtner heraus und bat darum, nicht durch die Glasfassade hindurch zu fotografieren, zwar höflich, doch ließ er durchblicken, er könne auch die Polizei rufen. Ich ließ mich nicht beeindrucken und bin nach wie vor der Ansicht, von der sogenannten Panoramafreiheit gedeckt gewesen zu sein, zumal ich mich auf öffentlichem Grund befand und nicht mit starkem Tele auf der Jagd nach Brustbildern fremder Menschen war, sondern nur das aufnahm, was man an solchen Plätzen häufig aufnimmt. Wer sich riesige unverhüllte Fenster ins Haus baut, kann schwerlich erwarten, damit große Bereiche der Panoramafreiheit ausklammern. Oder doch?

Antwort Mathias Straub:

Sie haben grundsätzlich Recht. Panoramafreiheit bedeutet, dass Dinge, die an öffentlich zugänglichen Plätzen für jedermann zu sehen sind, auch fotografiert oder gefilmt werden dürfen. Die Regelung stammt aus dem Urheberrechtsgesetz und schränkt die Rechte der Urheber ein, deren Werke sich bleibend an öffentlichen Plätzen befinden. Falls es sich bei dem Frankfurter Messeturm oder den durch die Glasfassade darin ersichtlichen Gegenständen also um urheberrechtlich geschützte Werke handelt, wäre anhand dieser Vorschrift zu prüfen, ob diese abgebildet werden dürfen. Zu beachten wäre, die Zulässigkeit nur für Werke gilt, die sich dauerhaft ("bleibend") an öffentlichen Plätzen befinden. Kein solch dauerhaftes Werk war nach Auffassung des Bundesgerichtshofes zum Beispiel der verhüllte Reichstag.

Weiterhin wäre zu beachten, dass die Zulässigkeit auch nur dann gilt, wenn die Aufnahmen von öffentlichem Grund aus ohne Hilfsmitte gefertigt werden. Ein Teleobjektiv wäre im Übrigen kein unzulässiges Hilfsmittel in diesem Sinne und dürfte verwendet werden. Unzulässig wären Hilfsmittel, die den Blickwinkel für die Aufnahme verändern, also beispielsweise Leitern, mit denen dann über Hecken oder Mauern hinüber fotografiert wird. Viele Gebäude und Gegenstände genießen allerdings ohnehin bereits keinen urheberrechtlichen Schutz. Dennoch kommt bei solchen Gebäuden oder Gegenständen ein Schutz gegen fotografische Vervielfältigung in Betracht, der sich dann aus dem Eigentumsrecht ableitet. Die Rechtsprechung wendet hier aber ähnliche Grundsätze an wie bei den urheberrechtlich geschützten Gebäuden. Auch fremdes Sacheigentum, das sich sichtbar an öffentlichen Plätzen befindet, darf also ohne Zustimmung des Eigentümers abfotografiert werden. Voraussetzung ist auch hier allerdings, dass zur Erstellung der Fotografie das fremde Privatgrundstück nicht betreten wird, da der Eigentümer aufgrund seines Hausrechtes hiergegen vorgehen könnte. Eigentümer, die verhindern wollen, dass ihr Eigentum für jedermann zu sehen ist, steht es frei, sich durch Sichtbarrieren zu schützen. Geschieht dies gerade nicht, indem große Fenster oder Glasfronten zu öffentlichen Plätzen hin gebaut werden, nimmt der Eigentümer damit in Kauf, dass sein Eigentum gesehen und somit auch fotografiert wird. Diese Einschätzung nahm ich auf Basis der mir vorliegenden Informationen vor. Für eine konkrete Bewertung Ihres Einzelfalles müsste eine Prüfung des gesamten Sachverhaltes erfolgen.

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Mathias Straub ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei Riegger Rechtsanwälte in Ludwigsburg.

Quelle: ColorFoto 03/2012