Veröffentlicht am: 10.12.2019 um 09:12 Uhr:

Spam und Co.: Der große Betrug – Gekaufte Bewertungen im Internet

Jedes fünfte Kundenurteil im Netz soll gefälscht sein. Experten verraten, woran man die echten erkennt

» Das klingt gut: 280 positive Bewertungen für den Bohrer. Da kann man eigentlich nichts falsch machen. Ein Klick – schon ist das Gerät gekauft. Auf diese Weise lässt sich jeder dritte Kunde in Deutschland beeinflussen. Das Vertrauen in Internetbewertungen für Hotels, Restaurants, Produkte und Ärzte ist groß. Doch Vorsicht: Experten stellen fest, dass sie immer öfter gefälscht sind, also sogenannte Fake-Urteile. Die Reporter des ZDF Magazins „WISO“ waren mit versteckter Kamera unterwegs und konnten aufdecken, wer dahintersteckt […]. Wie man Fälschungen erkennt? Juristen vom Verbraucherschutz geben in HÖRZU wichtige Tipps.

„Mir persönlich ist es auch schon passiert, als ich vor ein paar Jahren online eine Kamera gekauft habe. Durch viele positive Bewertungen bin ich auf ein Billigprodukt aus China hereingefallen. Die Qualität war eine Katastrophe“, sagt Boris Wita, Jurist der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Laut einer Umfrage lesen 66,4 Prozent der Kunden vor einem Kauf Internetbewertungen. Dass diese ihre Entscheidung deutlich beeinflussen, sagen 31,9 Prozent.


Fälschung mit Folgen

Top-Bewertungen sind wie Gold, schon fast wie eine eigene Währung. Das haben betrügerische Dienstleister als neues Geschäftsmodell entdeckt: Sie bieten Fake-Rezensionen an: So gibt es fünf positive Bewertungen zu einem Preis von 59 Euro. 100 Bewertungen kosten dann um die 879 Euro. Die Firmen haben ihren Sitz meist im Ausland und ändern ihren Namen und ihre Adresse alle zwei bis drei Monate, sodass sie für die Justiz kaum greifbar sind. Es gibt auf Wunsch positive Meinungen, aber auch negative, um etwas Konkurrenten zu schädigen. Viele werben damit, dass keine Computerprogramme die Einträge formulieren, sondern echte Menschen. HÖRZU liegt ein Arbeitsvertrag vor. Darin heißt es: „Die genaue Ausgestaltung der Bewertungskommentare bleibt Ihnen überlassen. Achten Sie darauf, Ihre Kommentare kurz zu halten (maximal fünf Zeilen), und schreiben Sie möglichst umgangssprachlich.“

Boris Wita konnte seine Kamera wieder zurückschicken. Bei anderen Investitionen ist der Schaden nicht so leicht reparabel, etwa bei Nina Wagner. Sie hatte sich auf die Meinung vermeintlicher Kunden verlassen, als sie sich für ein Kosmetikstudio entschied, um ihre Augenbrauen mit einem Permanent-Make-up zu verschönern, also einer kosmetischen Tätowierung. Die Behandlung ging schief: Die Form ihrer Augenbrauen war danach sehr unnatürlich und veränderte ihren gesamten Gesichtsausdruck. Folgende Bewertung hatte in ihrem Fall den Ausschlag gegeben: „Ich bin super zufrieden, sie sehen nicht wie diese schwarzen Balken aus, sondern einfach nur natürlich und schön.“ „WISO“-Reporter fanden heraus: Die Chefin selbst hatte dieses Urteil formuliert, so wie viele weitere, nachdem einige negative veröffentlicht worden waren. Die einzige Lösung für Nina Wagner bestand in einer teuren, schmerzhaften Laserbehandlung.


Die wichtigsten Tipps

Woran erkennt man gefälschte Urteile? Boris Wita rät: „Es empfiehlt sich, mehrere Rezensionen zu lesen und sich nicht auf eine einzige zu verlassen. Zudem nützt es sehr zu lesen, was der Verfasser sonst noch bewertet hat: Sechs Mikrowellen pro Jahr sind unglaubwürdig. Wenn er am selben Tag noch eine Arztpraxis in München, ein Hotel in Dresden und ein Kosmetikstudio in Lübeck besucht haben will, erscheint auch das unrealistisch. Gibt sich ein Bewerter dagegen die Mühe, Pro und Kontra aufzuschreiben, spricht das für Echtheit.“ Zudem sei es ein gutes Zeichen, wenn Rezensiertes auch wirklich gekauft bzw. gebucht wurde.

Gegen den Betrug wird zunehmend vorgegangen: Das Programm ReviewMeta (reviewmeta.com) filtert etwa bei Amazon Fake-Bewertungen aus. Die Arztbewertungsplattform Iameda hat eine eigene Einsatztruppe, so wie immer mehr Unternehmen, etwa Otto. „Wir haben ein Team, das Bewertungen untersucht und eingreift, wenn etwas auffällig ist“, sagt Sprecher Frank Surholt. „In den nächsten Jahren werden sicher weitere Mitarbeiter hinzukommen“ «


Quelle: Mirja Halbig in HÖRZU 30 vom 19.07.2019

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