Veröffentlicht am: 12.08.2024 um 05:31 Uhr:
Wissen: Wann zähmte der Mensch das Pferd?
» Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Heißt es. Aber ging die Liebe zu ihnen anfangs vielleicht eher durch den Magen? Seit Jahrhunderten gelten sie als enge Vertraute der Menschen. Wie die innige Beziehung einst zustande kam, ist unter Forschern umstritten. Knochenfunde im Dorf Botai im heutigen Kasachstan zeigen: Pferde dienten vor mehr als 5600 Jahren ursprünglich nicht als Reittiere, sondern als Fleischlieferanten. Nomaden sollen die Vierbeiner gezähmt, ihre Milch getrunken und sie letztlich verzehrt haben.
Erst 600 Jahre später wagen sich Überlieferungen zufolge erstmals einige Krieger auf den Rücken der Tiere: "Es muss unglaubliche Freiheit bedeutet haben, fast als hätte man das Auto erfunden", berichtet der Genetiker Eske Willerslev in der Arte-Dokumentation über die Geschichte der Pferde [...]. Er selbst war an Ausgrabungen beteiligt. "Du steigst auf dieses Pferd und kannst reisen, wohin du willst, fast so lange, wie du willst, über enorme Distanzen. Ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit."
Die Vierbeiner erwiesen sich als besonders effektiv im täglichen Überlebenskampf. Nomadisch lebende Völker sind auf ihren schnellen, wendigen Reittieren den sesshaften Einwohnern militärisch überlegen. Kein Wunder also, dass schon bald auch einfache Bauern mit der Pferdezucht beginnen, um den berittenen Feinden gewachsen zu sein. Im Lauf der Jahrhunderte ziehen die Tiere mit ihren Besitzern in jedes Duell, jede Schlacht. Die Einsätze kosten die sensiblen Wesen Überwindung: Sie gelten als Fluchttiere, sobald Gefahr droht, suchen sie in freier Wildbahn das Weite.
Doch nicht nur im Krieg kommen die Vierbeiner zum Einsatz. Egal ob bei der Jagd, als Unterstützung auf dem Feld oder bei sportlichen Wettbewerben: Über die Jahrhunderte hinweg züchten Menschen über 400 verschiedene Rassen für unterschiedliche Zwecke. Heute leben um die 200 Pferde- und Ponyrassen weltweit. Die meisten von ihnen sind ideal an die Erwartungen ihrer Umgebung angepasst: So gelten American Quarter Horses als intelligent, schnell und wendig - beste Voraussetzungen, um ihren Besitzern in der argentinischen Pampa beim Viehtrieb zu helfen. Die bis zu 175 Zentimeter großen schwarzen Friesen hingegen wurden einst gezüchtet, um gepanzerte Ritter in die Schlacht zu tragen. Heute ziehen die kräftigen Tiere vermehrt Kutschen oder tänzeln durch Lektionen der klassischen Dressur. «
Quelle: Melanie Koch in der HÖRZU vom 18. Juni 2021