Veröffentlicht am: 12.04.2023 um 19:42 Uhr:

Fotografie: Manipulation!

Eine objektive Sicht der Welt gibt es nicht. Viele regen sich jetzt über vermeintlich manipuliertes World Press Photo auf - und manipulieren unbewusst jedes ihrer eigenen Fotos.

» So schnell kommt man ins Gerede. Paul Hansen, Fotograf des World Press Fotos 2013 soll bei dem "magischen Licht" seines Siegerbildes nachgeholfen haben, womöglich gar mehrere Fotos zusammengesetzt haben, so der Vorwurf, mit dem sich die World Press-Organisatoren jetzt auseinandersetzen mussten. Manipulation?! Die Raw-Datei des Motivs wurde untersucht und die Prüfer kamen schließlich zu dem Urteil: Farbgebung und Farbtiefe wurden retuschiert, mehr habe Hansen aber nicht verändert. Was bleibt, ist der alte Diskurs über das Reale im Foto. Was bedeutet Bildmanipulation heute überhaupt? Ist unsere Entscheidung für eine punktuelle Bildschärfe bei der Wahl der Blende denn etwas anderes, als eine Form der Manipulation? Hier wird schließlich ein Teil der Realität bewusst ausgeblendet. und warum soll die Abstraktion des Gesehenen in einem Schwarzweißbild ok sein, das digitale Vereinen zweier nacheinander aufgenommenen Lichtsituationen in einem Bild hingegen nicht? Wäre es eher akzeptabel, wenn die Kamera automatisch - also maschinell - den Mittelwert einer Belichtungsserie ermittelte und das Bild ohne Nachbearbeitung des Fotografen entstünde? Es wird noch komplizierter: Manchmal kann die Inszenierung eines Augenblicks wahrhaftiger sein als der beste Schnappschuss. Und wo beginnt eigentlich eine Inszenierung? Schon bei der Wahl des Bildausschnittes, wenn wir warten, bis eine Person aus dem Bild geht. Fotografie kann nie objektiv sein. Unsere subjektiv festgelegte Perspektive und die gewählte Fototechnik definieren ein Bild. Ein Foto ist günstigstenfalls die größtmögliche Annäherung an das Identische. Der Fotograf verdichtet einen Augenblick und friert ihn ein. Je subtiler seine bewussten Manipulationen, desto unheimlicher erscheinen uns diese (wohl auch, weil sie nicht sofort dechiffrierbar sind). Das harte Blitzlicht des Dokumentarfotografen, das Katastrophenopfern Schrecken und Erschrecken ins Gesicht schreibt, wird interessanterweise als verfremdendes Stilmittel nie hinterfragt. «


Quelle: Zollners Zeilen im fotoMagazin 8/2013

Paul Hansen - World Press Photo 2013 - Süddeutsche Zeitung SZ.de

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