Veröffentlicht am: 15.12.2022 um 06:09 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zum ersten Treffen der Internationalen Gruppen herausragender  Persönlichkeiten für eine kernwaffenfreie Welt

Am 10. Dezember 2022 hat Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier zum ersten Treffen der Internationalen Gruppen herausragender Persönlichkeiten für eine kernwaffenfreie Welt in einer Videobotschaft folgende Rede gehalten...

» Jeder, der je Hiroshima besucht hat, wurde mit dem Ende der menschlichen Zivilisation konfrontiert. Ich werde nie vergessen, was ich dort gesehen habe: Häuser, die bis aufs Fundament zerstört waren, und eine riesige, leere Fläche dort, wo die Bombe explodiert war.

Die Welt darf niemals vergessen, was in Hiroshima und Nagasaki passiert ist. Das schulden wir der Menschheit. Vielleicht können wir das Leid und die Zerstörung nicht in angemessener Weise beschreiben, aber wir haben die Pflicht, zu erinnern und künftigen Generationen die fürchterlichen Konsequenzen des Einsatzes von Kernwaffen aufzuzeigen. Hiroshima und Nagasaki erinnern uns an unsere Verpflichtung als internationale Staatengemeinschaft, als Staaten, als Bürgerinnen und Bürger, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um das Ziel einer kernwaffenfreien Welt zu erreichen.

Ich möchte der japanischen Regierung und insbesondere dem Ministerpräsidenten, meinem guten Freund Fumio Kishida, herzlich dafür danken, dass er das erste Treffen der Internationalen Gruppe herausragender Persönlichkeiten für eine kernwaffenfreie Welt einberufen hat.

Russlands illegaler und durch nichts zu rechtfertigender Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die europäische Sicherheitsarchitektur erschüttert und internationale Bemühungen zur Förderung der Rüstungskontrolle und der nuklearen Abrüstung untergraben. Russland setzt eine unverantwortliche Nuklearrhetorik ein, um seinen Angriff auf ein Land zu kaschieren, das seine Kernwaffenbestände im Gegenzug für Sicherheitsgarantien durch Russland abgegeben hat. Lassen Sie mich dies ganz deutlich sagen: Russlands Nuklearrhetorik ist gefährlich und verantwortungslos!

Aber dies ist nicht die einzige Krise im Bereich der Verbreitung von Kernwaffen. Ich bin gerade von einem Besuch in Japan und Korea zurückgekehrt, wo ich die unmittelbare Bedrohung durch Nordkoreas illegales Kernwaffen- und Raketenprogramm erlebt habe. Es ist eine Bedrohung für die regionale Stabilität und für die Sicherheit weltweit. Das Gleiche gilt für Iran. Es gibt viele Zweifel am friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms. Daher müssen wir uns weiter darauf konzentrieren, dass Iran – ein Regime, das gegenüber friedlichen Protestierenden sein brutales Antlitz zeigt – keine Kernwaffen entwickelt.

Die Internationale Gruppe herausragender Persönlichkeiten für eine kernwaffenfreie Welt hat die unglaublich schwierige Aufgabe, die aktuelle politische Lage zu erfassen, Herausforderungen und Prioritäten auszumachen und einen realistischen und praktischen Fahrplan mit dem Ziel einer kernwaffenfreien Welt vorzuschlagen. Diese Aufgabe ist jetzt möglicherweise schwieriger als je zuvor, aber sie ist auch wichtiger als je zuvor.

Unsere Welt tritt gerade in eine neue Phase des Konflikts und der Konfrontation ein. Aber unser Ziel ist nach wie vor ganz klar: eine Welt ohne Kernwaffen. Ja, der Weg ist weit, wirklich sehr weit. Daher lassen Sie uns nicht verzweifeln, indem wir zu weit in die Ferne blicken, sondern konzentrieren wir uns auf die Schritte, die vor uns liegen. Jeder realistische, pragmatische, erreichbare Schritt zählt. Jeder Schritt zählt, wenn wir durch ihn dem Frieden und der Stabilität bei unverminderter Sicherheit für alle näher kommen. Japan und Deutschland arbeiten seit Langem gemeinsam auf dieses Ziel hin. Als Mitglieder der Stockholm-Initiative für nukleare Abrüstung und der Initiative für Nichtverbreitung und Abrüstung bemühen wir uns, Brücken zwischen Kernwaffen- und Nichtkernwaffenstaaten zu schlagen, um den Stillstand im Bereich der nuklearen Rüstungskontrolle und Abrüstung zu überwinden.

Wir schulden den Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki unser unerschütterliches Bekenntnis zum Ziel einer Welt ohne Kernwaffen. Ich kann Ihnen versichern, dass Deutschland weiterhin alles in seiner Macht Stehende tun wird, um es zu erreichen. «


Quelle: Bulletin 158-1 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 14. Dezember 2022

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