Veröffentlicht am: 28.11.2023 um 07:40 Uhr:

Bundesregierung: Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Feier zum 100. Geburtstag von BMW-Motorrad

Bei der Feier zum 100. Geburtstag von BMW-Motorrad hat Bundeskanzler Olaf Scholz am 28. September 2023 in Berlin folgende Rede gehalten...

» Sehr geehrter Herr Zipse,
sehr geehrter Herr Markus Schramm und
sehr geehrter Herr Helmut Schramm,
sehr geehrter Herr Wegner,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BMW,
meine Damen und Herren,

wenn wir heute 100 Jahre BMW-Motorrad feiern, dann feiern wir natürlich 100 Jahre deutscher Industriegeschichte, 100 Jahre Entwicklung und Innovation, 100 Jahre Bestehens im weltweiten Wettbewerb und auch 100 Jahre Begeisterung im Motorsport.

100 Jahre BMW-Motorrad, das bedeutet aber auch 100 Jahre Fertigung in Deutschland, 100 Jahre Schweißen, Fräsen und Lackieren. Frühschicht, Spätschicht, Teamarbeit. 100 Jahre Stolz auf die eigene Leistung und bestimmt auch darauf, was andere mit den Motorrädern leisten, die man selbst hergestellt hat. Das Stichwort Motorsport ist schon gefallen.

Ich möchte hier und heute diese vielen Lebensleistungen anerkennen. Deshalb habe ich die Einladung, heute mit Ihnen zu feiern, sehr gern angenommen. Denn das Industrieland Deutschland lebt von Frauen und Männern, die sich für einen Beruf in der Industrie entscheiden. Wie sie arbeiten, davon konnte ich mir hier schon im vergangenen Dezember ein Bild machen. Handwerk trifft Hightech, Digitalisierung in der Aus- und Weiterbildung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den unterschiedlichsten Herkunftsgeschichten, die alle für ein 100-jähriges Traditionshandwerk brennen, das hat mich beeindruckt.

Ich bin froh, dass BMW mit der heutigen Eröffnung der Motorradwelt auch vielen Neugierigen ermöglicht, zu entdecken, was hier in Berlin dank Ihrer Arbeit entsteht. Berlin ist eine Metropole der Mobilität. 54 Jahre nach dem Beginn der Fertigung hier in Spandau ist das immer noch nicht überall bekannt. Hier steht die einzige Motorradfabrik Deutschlands. Hier produzieren mehr als 2.000 Berlinerinnen und Berliner – und natürlich auch Brandenburgerinnen und Brandenburger – 150.000 Motorräder im Jahr, oft mehr als 800 am Tag. 85 Prozent davon werden in die ganze Welt exportiert. Mit Qualität made in Berlin schafft BMW einen weltweiten Marktanteil von über 15 Prozent. Wir haben das eben schon gehört.

Diesen Erfolg schaffen die Mitarbeiter hier mit ihrer Hände Arbeit und natürlich mit der Hilfe von hervorragenden, hoch spezialisierten Maschinen, die nicht selten auch aus Deutschland stammen, von einem der unzähligen „hidden champions“ aus dem deutschen Mittelstand. 85 Prozent Exportanteil bedeutet weltweite Wertschätzung für die Qualität. Es ist diese Wertschätzung, dieses Vertrauen in die Qualität, die unser Land wohlhabend gemacht haben.Ich möchte es ganz klar sagen: Die Basis dieses Erfolges ist freier Handel.

Natürlich haben wir in den vergangenen Jahren gemerkt, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sein können, besonders seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die Antwort darauf kann aber nicht sein, sich im Handel nur noch auf befreundete Staaten zu beschränken oder immer größere Hürden aufzubauen. Die Antwort ist, sich breiter aufzustellen. Darauf haben wir uns auch im Kreis der wirtschaftsstarken Demokratien, der G7, geeinigt. Kein „decoupling“, sondern „derisking“. Nicht weniger, sondern mehr Absatzmärkte, nicht weniger Handel, sondern mehr Handel mit unterschiedlichen Partnern. Deshalb werden wir in der EU mit allem Nachdruck für Freihandelsabkommen arbeiten. Wir sehen, dass das auch Früchte trägt. Zu kaum einem Zeitpunkt wurden gleichzeitig mehr Abkommen verhandelt und vorangebracht. Mit Kenia und Neuseeland sind die Verhandlungen schon abgeschlossen. Auch mit Australien, dem Mercosur, Mexiko und Indonesien sind wir auf einem guten Weg.

All das sichert hier in Spandau gute und zukunftssichere Arbeitsplätze, und das sichert Wertschöpfung in Deutschland. Genau darum geht es uns als Regierung. Wir machen made in Germany mit Ihnen, mit der Industrie zusammen, zukunftsfest. Wir werden zeigen, dass wir als bedeutendes Industrieland bis 2045 Klimaneutralität erreichen können und dass auf dem Weg dahin riesige wirtschaftliche Chancen für unser Land liegen.

Dazu drehen wir derzeit an vielen, vielen Stellschrauben. Wir sichern nach Jahren des Hinauszögerns jetzt entschlossen eine verlässliche und nachhaltige Energieversorgung unseres Landes durch den rasanten Ausbau der erneuerbaren Energien. Allein der Bund wird im kommenden Jahr deswegen mehr als 110 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die Modernisierung unserer Industrie, den Klimaschutz und unsere Infrastruktur voranzubringen.

Wir bringen Zukunftsbranchen nach Deutschland, um unsere industrielle Basis weiter zu stärken. Firmen aus der ganzen Welt haben sich in den vergangenen Monaten entschieden, in Halbleiter, Batterien und Cleantech made in Germany zu investieren, insgesamt mehr als 80 Milliarden Euro. Es ist doch klar, dass wir solche Investitionen unterstützen, die den Standort langfristig und strategisch stärken. Das werden wir auch weiterhin tun.

Gleichzeitig lichten wir mit dem Deutschlandpakt das Bürokratiedickicht, das unsere Wirtschaft so behindert und so viel Kraft kostet. Dabei schauen wir genauso wie Sie auch nach Brüssel. Gemeinsam mit den europäischen Partnern, insbesondere der französischen Regierung, ergreifen wir eine Initiative für Bürokratieentlastung, bessere Rechtsetzung und moderne Verwaltung in Europa. Dass es bei sehr umfangreichen Arbeiten manchmal knirscht und rumpelt, das kennen viele von Ihnen. Aber ich bin sicher, dass sich diese Mühe für unser Land auszahlt.

Wir sind auf einem guten Kurs. Die Länder haben sich sehr konstruktiv zu unseren Vorschlägen aus dem Deutschlandpakt eingebracht und haben auch ihrerseits Vorschläge gemacht. Wir schauen uns das alles im Detail an und werden dazu auch zeitnah mit Ländern und Gemeinden sprechen. Es ist aber schon jetzt klar, dass sehr viele gute Aspekte darin enthalten sind. Es geht in die richtige Richtung. Mit einigen von Ihnen konnte ich mich zu Anfang des Monats schon auf der IAA austauschen.

Mobilität ist und bleibt eine Schlüsselbranche für unser Land. Der weltweite Bedarf nach nachhaltiger Fortbewegung wächst weiter. Ich bin froh, dass von München noch einmal das klare Signal für nachhaltige Mobilität in Deutschland und aus Deutschland ausgegangen ist. Was wir dort gesehen haben, macht mir nicht nur Hoffnung, sondern das macht auch Lust auf die Zukunft.

Ich weiß, dass wir in der Motorradbranche eine etwas andere Situation bei der Weiternutzung von Verbrennermotoren haben als im Autobereich. Ich konnte mich aber schon beim Werksbesuch im vergangenen Jahr selbst davon überzeugen, dass bei BMW-Motorrad auch das Thema der E-Mobilität großgeschrieben und weiter vorangetrieben wird, und das besonders erfolgreich für die Nutzung in Ballungsräumen wie hier in Berlin, in denen Emissionsminderung auch ein ganz grundsätzliches Thema des Zusammenlebens ist.

Ich möchte beim Thema des Zusammenlebens nochmals unterstreichen, wie wichtig es ist, BMW hier in Berlin zu haben. Die Entscheidung von BMW, im Jahre 1969 mit einer großen Produktionsstätte nach Westberlin zu kommen, in diese Frontstadt des Kalten Krieges, das hatte schon eine große Symbolkraft, auch deshalb, weil in dieser von Mauern und Unfreiheit umgebenen Stadt nicht irgendetwas gebaut wurde, sondern mit Motorrädern ein Produkt, das in den Augen ganz vieler für mehr stand als nur für Fortbewegung, nämlich für Freiheit und Unabhängigkeit. Zumal im Jahr 1969, dem Jahr von Easy Rider. Ich weiß nicht genau, ob die BMW-Planer das genau mit dem Film abgestimmt hatten, aber es kann sein.

Heute zeigen Sie im mit mehr als 5.000 Einwohnern pro Quadratkilometer dicht besiedelten Spandau, dass Industriebetriebe auch in Metropolen ihren Platz finden, und zwar mit Automatisierung, guter Organisation, mit gegenseitiger Rücksichtnahme und mit Pragmatismus.

Dass Sie hier seit 2015 mehr als eine halbe Milliarde investiert haben, ist ein großer Vertrauensbeweis für Berlin. Mit der herausragenden Aus- und Weiterbildung, die Sie hier anbieten, stärken Sie bleibende Fundamente unseres Landes auch in der Hauptstadt. Industrie, Herstellung, Handwerk, weltweit geschätzte Wertarbeit, dieser Geburtstag macht eben Lust auf die Zukunft. Herzlichen Dank! «


Quelle: Bulletin 106-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 10. Oktober 2023

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