Veröffentlicht am: 26.05.2025 um 05:11 Uhr:

Bundesregierung: Rede der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas, bei der Aussprache zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag

Bei der Aussprache zur Regierungserklärung des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Bundestag hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Bärbel Bas, nachfolgende Rede am 15. Mai 2025 in Berlin gehalten

» Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die neue Bundesregierung tritt an mit klaren Zielen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Für mich bedeutet das zuallererst, dass wir mit einer guten Arbeitsmarktpolitik Arbeitsplätze sichern und langfristig erhalten. Denn die wirtschaftliche Lage ist angespannt, gerade in der Industrie. In vielen Unternehmen stehen aktuell Arbeitsplätze im Feuer. Ich denke da etwa an die Stahlindustrie, an die Automobilindustrie, aber auch an die Zulieferer. Die internationalen Handelskonflikte, die wir haben, wirken zusätzlich wie ein Brandbeschleuniger.

Ich sage ganz deutlich: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird schwieriger werden. Wir werden um viele Arbeitsplätze sehr hart kämpfen müssen. Das werden wir nicht alleine schaffen. Wir brauchen dazu eine funktionierende Sozialpartnerschaft und eine starke Mitbestimmung. Mein Ziel ist klar: Die Industriearbeit muss in Deutschland bleiben. Ich weiß auch, an welcher Seite ich da stehen werde: an der Seite der Beschäftigten.

Eine wettbewerbsfähige Wirtschaft braucht einen starken Arbeitsmarkt und Fachkräfte. Das bedeutet erstens: Wir müssen mehr Menschen in Arbeit bringen. Wir brauchen mehr Chancen und Möglichkeiten für Arbeitslose, für Eltern mit kleinen Kindern, für Ältere und für Menschen mit Behinderung. Es ist in der Tat ein Skandal, dass schwerbehinderte Menschen selbst bei sehr guter Qualifikation deutlich häufiger arbeitslos sind. Das müssen wir ändern! Gleichzeitig muss es für Fachkräfte aus dem Ausland einfacher werden, in Deutschland zu arbeiten. Mit einer digitalen Fachkräfteagentur werden wir hier für mehr Tempo und weniger Bürokratie sorgen.

Zweitens: Arbeit muss sich lohnen – im aktiven Berufsleben und im Ruhestand. Ich vertraue darauf, dass die Mindestlohnkommission zu einem guten Ergebnis kommen wird. Aber der Mindestlohn ist nur eine Untergrenze. Noch wichtiger für gute Löhne ist die Tarifbindung in Deutschland. Deswegen werden wir das Tariftreuegesetz auf den Weg bringen. Denn es kann nicht sein, dass bei öffentlichen Aufträgen Unternehmen benachteiligt werden, die sich an tarifliche Regelungen halten.

Wir werden uns auch um die Rente kümmern. Denn wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, der muss sich auf eine ordentliche Rente verlassen können. Deswegen werden wir das Rentenniveau sichern, die betriebliche Altersversorgung stärken, ebenso die Absicherung der Selbstständigen, und wir werden die Mütterrente vollenden. Das ist alles im Koalitionsvertrag vereinbart.

Darüber hinaus haben wir beim Thema Rente auch langfristig Handlungsbedarf. Wir werden daher eine Rentenkommission einsetzen. Ein Thema für die Kommission wird sicherlich sein, wie wir perspektivisch die Finanzierung organisieren wollen. Das treibt viele Menschen in Deutschland um; das haben auch die Reaktionen auf meine Überlegungen am Wochenende deutlich gezeigt. Es geht hier nicht nur um die finanzielle Tragfähigkeit der gesetzlichen Rente, sondern auch um die gesellschaftliche Tragfähigkeit, um Akzeptanz, um ein gerechtes System.

Der dritte Punkt: Auch in der Sozialpolitik geht es um Gerechtigkeit. Denn unser Sozialstaat ist an vielen Stellen zu kompliziert geworden, gerade für die, die ihn besonders brauchen. Ich rede von Familien mit Kindern, von Alleinerziehenden. Wir werden deswegen eine Kommission zur Sozialstaatsreform einsetzen, und zwar mit einem klaren Auftrag: Wir wollen den Sozialstaat einfacher, moderner und zugänglicher machen. Das bedeutet für mich ganz konkret: Wer in Not gerät, muss sich auf den Sozialstaat verlassen können, ohne Wenn und Aber.

Gleichzeitig wissen wir: Ja, es gibt Menschen, die den Sozialstaat ausnutzen, so wie es Menschen gibt, die Steuern hinterziehen. Das ist nicht die Regel, aber es gibt eben Ausnahmen. Deshalb werden wir Missstände entschlossen bekämpfen; denn auch das geht gegen das Gerechtigkeitsempfinden. Ich werde auch nicht wegschauen bei Sozialleistungsbetrug. Denn Grundsicherung plus Schwarzarbeit darf kein Geschäftsmodell sein.

Zum Thema Gerechtigkeit gehört für mich auch: Wer Grundsicherung bezieht und arbeiten kann, der muss mitziehen. Dazu gehört es, Termine einzuhalten, Angebote wahrzunehmen. Und es geht darum, sich vorzubereiten auf eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt. Wenn wir dauerhaft Erfolg haben wollen, dann müssen wir hier noch stärker auf Qualifizierung setzen, insbesondere bei den Jüngeren. Wir werden die Grundsicherung daher zielgerichtet weiterentwickeln. Lassen Sie uns diese Debatte verantwortlich und auch sachlich führen.

Wir stehen vor anstrengenden Jahren. Ich bin mir sicher, dass die meisten Menschen zu Veränderungen bereit sind. Aber sie erwarten, dass es dabei gerecht zugeht. Soziale Gerechtigkeit muss daher ein Markenzeichen dieser Regierung sein. Dafür stehe ich ein.

Vielen Dank. «


Quelle: Bulletin 35-3 des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 16. Mai 2025

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