Veröffentlicht am: 19.05.2024 um 08:19 Uhr:

Fotografie: Bis sich die Balken biegen: dicke Bücher

In der Ausgabe 6/2014 des fotoMAGAZINs wies Manfred Zollner in seiner Kolumne auf die Probleme mit dicken Fotobüchern hin...

» Sie besitzen ein paar schöne Bildbände und das Regal dazu ist Ihnen wirklich egal? Denken Sie das nicht! Zu lange hat der Fotokunstmarkt die Maxime „Bigger is better“ in die Welt posaunt. Gurskys XXL-Kunst hat mittlerweile vergleichbares Großdenken auf dem Fotobuchmarkt gefunden. Mit schwergewichtigen Folgen für das heimische Bretterdesign. Selbst dreißig Zentimeter Regaltiefe erscheinen für immer mehr Fotobuch-Schwarten völlig unzureichend. Wir sprechen hier von Bildbänden, für deren Aufbewahrung komplexe Gabelstaplersysteme in Lagerhallen oft geeigneter erscheinen, als das ordinäre Wohnzimmerregal. Muss ich künftig Statiker konsultieren, bevor ich ein Buchregal aufstelle? Könnte Ikeas Billy jammern, es würde wohl heute über einen bibliophilen Bandscheibenschaden klagen. Fotografen wie das kanadische Ehepaar Keough haben die Idee des Coffeetable-Bild-bandes auf die Dimension eines Klausurtisches spanischer Mönchskonvente übertragen. Zu ihrem (in der Box) 12,27 Kilo schweren Bildband „Antarctica“ (5000 US-Dollar) offerieren die Keoughs gleich einen wuchtigen Mahagoni-Bookstand (2500 Dollar). Darin soll das in Leder gebundene Werk prima ruhen. Annie Leibovitz‘ neuer SUMO-Band bei Taschen (26 Kilo) gibt es mit Buchständer des Designers Marc Newson im Posterformat (50 x 69 cm). Ähnlich großkalibrig kamen in vergangenen Jahren Taschen-Bände von Helmut Newton, Salgado oder LaChapelle daher. In derlei regalfernen Bildwerken blättert niemand beiläufig. Man versucht vielmehr, allerfeinst bedrucktes Papier knickfrei auf benachbarte Quadratmeterflächen umzuschlagen. Nicht selten legt der stolze Besitzer gleich dezent weiße Handschuhe neben das teure Werk. Plötzliche Anzeichen von Neugier interessierter Hausbesucher könnten sich allerdings stimmungstötend zum Versicherungsfall unter Freunden entwickeln. Von tornado-ähnlichen Folgeschäden abenteuerlustiger Kleinkinder mit flatterhafter Blättertechnik wollen wir nicht sprechen. Da würden wir bei entsprechender Kontosituation doch lieber gleich den Rat zeitgenössischer Intensiv-Sammler beherzigen: Kaufen Sie zwei Exemplare jedes neuen Fotobuches! Eines zum Blättern und ein weiteres, das eingeschweißt ins Archiv wandert. «


Quelle: Kolumne "Zollners Zeilen" im fotoMAGAZIN 6/2014

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