Veröffentlicht am: 26.05.2023 um 17:50 Uhr:
Fotografie: "Wenn die Zukunft altmodisch wird"
» Da reiben sich die Freunde klassischer, analoger Kameras die Augen: Wer heute in die mit Neuware bestückte Vitrine des Fotogeschäfts schaut, meint sich zurückversetzt in die letzten Jahrzehnte des vorigen Jahrtausends. Retro-Look ist angesagt. Kein Wunder, denn das Design der berühmtesten Kameraklassiker ist zeitlos durchschlagend. Nikon hat den Trend lange Zeit verschlafen und bestückt nun hinterherhechelnd mit der Df auch dieses Marktsegment. Die Df ähnelt den berühmten, hübschen Analogreflex-Klassikern Nikon FE, FM, FA.
Olympus machte den Anfang und verpackte moderne Digitaltechnik in bewährtes Design. Schon die analoge Halbformatkamera Olympus Pen FT zeigte 1966, dass hochwertige Technik bildschön und kompakt verpackt werden kann. Die aktuelle, digitale Pen-Serie schließt genau hier an. Die wohl schönsten alten Spiegelreflexen auf dem Gebrauchtmarkt, die Olympus OM-Modelle, feierten ihre formvollendete Auferstehung mit der digitalen OM-D-Baureihe. Fujifilm digitalisierte mit der X100 das klassische Leica-Sucherkameraprinzip und zeigte mit dem Doppelsucher, wie Klassik und Moderne harmonieren. Leica musste gar nicht erst in die Truhe alter Schätze greifen, der Übergang von der analogen M7 zur digitalen M8 fiel äußerlich kaum auf. Gemäß dem Design-Prinzip „Form folgt Funktionalität“ muss man sich über diese Rückbesinnung überhaupt nicht wundern. Drehräder statt Tasten schaffen Bedienbarkeit pur. Die neue Fuji X-T1 und die Sony Alpha 7, deren Designs deutliche Anleihen an klassischen Spiegelreflexen nehmen, brauchen aus technischer Sicht den mittigen Sucherhöcker nicht. Aber dieses kleine Dach ist nicht plattzukriegen. Nicht nur Nostalgiker lieben es, denn es steht für einen optimalen Suchereinblick mit hervorragendem Handling und dem Gefühl klassischer Wertigkeit.
Anspruchsvolle Käufer haben die Nase voll vom einfallslosen Design-Brei aus Polykarbonat. Die modernen Klassiker haben Erfolg, weil hier Design und Technik zusammenfinden. Gut, Retro kann auch Seelentröster sein und wirkt in unserer hektischen Zeit entschleunigend. Aber das leistet eigentlich der Ursprung vielmehr: Ab und zu sollte man sich das Original gönnen, auf dem Secondhand-Markt sind die analogen Retro-Klassiker noch günstig zu erwerben. «
Quelle: Winfried Warnkes "Secondhand-Kolumne" im fotoMAGAZIN 5/2014