Veröffentlicht am: 04.05.2023 um 19:30 Uhr:
Fotografie: Kriegsfotograf Christoph Bangert: „Jeder von uns hat etwas, wovor er wegläuft!“
» fotoMAGAZIN: Was bringt Sie dazu, immer wieder in Kriegsgebieten zu fotografieren?
Christoph Bangert: Bei mir ist das zum einen der journalistische Auftrag, zum anderen das Abenteuer (ich mache aufregende Dinge, die andere nicht tun). Zudem glaube ich, dass ich wohl nicht richtig normal bin. Jeder Kriegsreporter hat etwas, wovor er wegläuft.
fotoMAGAZIN: Und wovor flüchten Sie?
Christoph Bangert: Vor der Beliebigkeit. Davor, dass ich ein Leben wie alle anderen lebe: vor der Normalität des Alltags. Doch ich reise nicht an, weil ich den Adrenalinkick suche. Anfangs ist dieser Abenteuergedanke natürlich sehr reizvoll, aber mir geht es letztlich immer um die Bilder.
fotoMAGAZIN: Bereuen Sie einige Bilder, die Sie vom Krieg mitgebracht haben?
Christoph Bangert: Überhaupt nicht! Wenn etwas passiert ist und ich dabei war, dann muss ich dieses Foto anderen zeigen.
fotoMAGAZIN: Haben sich Ihre Strategien im Umgang mit der Gefahr über die Jahre verändert?
Christoph Bangert: Ich muss sowieso nicht immer dort sein, wo es knallt. Irgendwann hat man genug Bilder von Leuten mit Kalaschnikows. Es gibt heute auch keine Fronten und Schlachten wie im Zweiten Weltkrieg oder in Vietnam. Heute ist das alles anders. Wir fallen nicht aus dem Flugzeug und rennen herum wie die Irren. Man fährt herum, es knallt irgendwo und du entscheidest, ob du in diese Richtung fährst. Alles ist in Bewegung, ein riesiges Chaos. Wir arbeiten immer mit sogenannten „Fixern“ – Übersetzern, Helfern bei unserer Suche.
fotoMAGAZIN: Wie kann man bei all dem Elend noch ein optimistischer Mensch bleiben?
Christoph Bangert: Man sollte die Arbeit ernst nehmen und sich selbst nicht immer ganz so ernst. Sie müssen nicht denken, dass wir täglich nur von Leiche zu Leiche laufen. Ich lache viel.
Interview: maz
Christoph Bangert, preisgekrönter deutscher Krisenreporter der Bildagentur Laif «
Quelle: fotoMAGAZIN 11/2013