Veröffentlicht am: 08.05.2023 um 17:52 Uhr:

Fotografie: Bildbetrachtungen

Wo kaufen Sie, wenn Sie Fotos an die Wand hängen wollen, diese?

» Ikea? Wirklich?? Siegerbilder der „Hasselblad-Masters“ gesellen sich neuerdings als gefällige Poster-Begleiter zum Billy-Regal und dem Efeu-Pfänzchen auf den überfüllten Einkaufswägen des schwedischen Möbelhauses. Die Vermarktungsschiene von Fotografie scheint heute komplettiert: Vom Billig-Poster über die erschwingliche Lumas-Edition bis zum sündteuren Unikat als Platindruck. Natürlich ist Ikeas Posteridee alles andere als neu. Schon der geschäftstüchtige Fashion-Star Richard Avedon vermarktete beispielsweise einige seiner Fotoikonen unter dem vornehm klingenden Firmenlabel „Andrew Grenshaw Limited“. Von seinem Portrait der nackten Nastassja Kinski mit züngelnder Schlange verkaufte er ein paar Millionen Exemplare, wie wir einer neuen Avedon-Biographie entnehmen dürfen. Signierte Avedon-Poster kosteten das Doppelte. Der Magnum-Fotograf Alec Soth variierte die Posteridee vor ein paar Jahren bei seiner Ausstellung im Sprengel Museum, als er ein Motiv zerstückelte und als mehrteilige Fotokunsttapete verhökerte. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, warum wir überhaupt Fotos kaufen? Viele begnügen sich mit dem Gedanken, ein Foto solle dekorativ zuhause überm Sofa hängen. Der Kunstmarkt spekuliert hingegen mit unserem Besitzstreben. Kaufen wir etwas, das wir als wertvoll betrachten, mit dem Potenzial einer Wertsteigerung? Dies führt uns zur Fotografie als Investment - einer Art von Fotografie, die oft lichtgeschützt und bei perfektem Raumklima weggesperrt wird. Das Bild ist wertvoll, weil selten. Bei einem reproduzierbaren Medium erscheint das konstruiert. Ein Foto kann teuer sein, weil es ein seltener Vintage-Print ist, mit guter Provenienz und Unterschrift eines bedeutenden Künstlers. Dabei stört niemand, wenn das gleiche Motiv tausendfach auf Postkarten, Postern und anderlei Billigdrucken veröffentlicht wird. Der Effekt gleicht zwar dem Einsatz von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ als Fahrstuhlberieselung, doch bei Fotografien hilft das nur der Ikonenbildung. Wo sie als Käufer einsteigen, obliegt Ihren Interessen und Ihrer Wertschätzung des Unikats. «


Quelle: Kolumne "Zollners Zeilen" im fotoMAGAZIN 5/2018

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