Veröffentlicht am: 29.09.2023 um 15:07 Uhr:
Recht: Dashcams im Zwielicht
» Die Verunsicherung über die Nutzung von Videokameras im Auto hält nicht nur an, sie wird immer größer. Seit Jahren überlässt der Gesetzgeber den Gerichten die Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit, ohne für endgültige Klarheit zu sorgen. In den meisten Fällen wurde dabei das Persönlichkeitsrecht der Gefilmten höher eingestuft als das Interesse der Autofahrer an einem Videobeweis. Ausnahmen gab es bislang zumeist bei Strafverfahren wie bei einem Urteil des Amtsgerichts Nienburg (AZ 4 Ds 155/14), das nach einer Bundesstraßen-Drängelei Dashcam-Bilder als Beweis anerkannte.
Auch das Oberlandesgericht Stuttgart (AZ 4Ss 543/15) akzeptierte ein solches Video zur Beweisaufnahme gegen einen Autofahrer, der bei Rot über eine Ampel gefahren war. Dasselbe Gericht ließ unlängst auch erstmals eine private Bildaufzeichnung bei einem zivilrechtlichen Schadenersatzprozess zu - mit der Begründung, dass im öffentlichen Raum jeder damit rechnen müsse, gefilmt oder fotografiert zu werden (AZ 10 U 41/17). Zu einem Urteil kam es jedoch nicht, da sich die Parteien auf einen Vergleich einigten.
Völlig anderer Ansicht war aber jetzt das Amtsgericht München im Fall einer Frau, in deren Fahrzeug je eine Front- und Heckkamera auch beim Parken permanent den Verkehrsraum vor und hinter dem Fahrzeug aufzeichnete. Nachdem ein anderes Fahrzeug ihren geparkten Wagen gestreift hatte, erstattete sie Anzeige und übergab das Videomaterial der Polizei. Doch das ging nach hinten los: Zunächst bekam sie einen Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Ihren Einspruch mit der Begründung, die Fahrer der vor oder hinter ihr parkenden Fahrzeuge seinen nicht erkennbar gewesen, erkannte das Gericht nicht an und verurteilte sie zur Zahlung einer Geldbuße von 150 Euro wegen Erhebung und Bereithaltung personenbezogener Daten. Darüber hinaus befand das Gericht, das Interesse der Frau an der Aufdeckung einer möglichen Straftat müsse hinter dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zurückstehen (AZ 1112 OWi 300 Js 121012/17). «
Quelle: Rechtsanwalt Wolfgang Biermann in acv Profil - Ausgabe 06/2017